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Ukraine: Debatte um umstrittene neue Religionsgesetzgebung

14. September 2017
In der laufenden Sitzungsperiode des ukrainischen Parlaments diskutiert die Werchowna Rada ein Dutzend teils umstrittener Gesetzesvorlagen, die religiöse Angelegenheiten betreffen. Bereits im Mai hätten einige der betreffenden Vorlagen diskutiert werden sollen, aber aufgrund internationaler Proteste wurde die Debatte aufgeschoben. Kritiker befürchteten im Fall einer Annahme der Gesetzesvorhaben eine Einschränkung der Religionsfreiheit in der Ukraine.

Besonders umstritten sind die Vorlagen Nr. 4128 und Nr. 4511, die sich laut russischer Sichtweise vor allem gegen die Ukrainische Orthodoxe Kirche–Moskauer Patriarchat (UOK-MP) richten. Erstere betrifft die Zugehörigkeit von Gemeinden, die neu mittels Abstimmung in der Gemeinde selbst über den Wechsel der Konfession entscheiden könnten. In der UOK-MP befürchtet man „erzwungene“ Übernahmen ihrer Kirchen durch die Ukrainische Orthodoxe Kirche–Kiewer Patriarchat (UOK-KP). Die Vorlage Nr. 4511 würde religiösen Organisationen, deren administratives Zentrum sich in einem von der Rada als „Aggressor-Staat“ definierten Land befindet, einen speziellen, eingeschränkten Status verleihen. Die Vorlagen wurden auch international kritisiert, so befürchtet der Ökumenische Rat der Kirchen, dass die Gleichberechtigung der Kirchen in der Ukraine nicht mehr gewährleistet wäre.

Außerdem werden u. a. Vorlagen besprochen, die den Dienst von Militärkaplänen regeln, die Statuten religiöser Organisationen sowie Feiertage betreffen. Ebenfalls verhandelt wird die Vorlage Nr. 6153, ein Aufruf der Rada an den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, dem Patriarchen der UOK-KP, Filaret (Denisenko), der vom Moskauer Patriarchat als „Schismatiker“ betrachtet wird, den Titel „Held der Ukraine“ zu verleihen.

In seiner jährlichen Botschaft über die äußere und innere Lage der Ukraine an die Rada am 7. September 2017 hat Poroschenko erklärt, er werde den Gesetzesentwurf Nr. 4511 nicht unterzeichnen. Er begründete dies damit, dass die Vorlage das Einverständnis staatlicher Stellen für die Besetzung von Führungsposition einer solchen Konfession vorsieht. Das sei jedoch nicht Aufgabe des Staates. Er sei bereit, über die anderen Entwürfe zu diskutieren, verwies jedoch darauf, dass diese Themen sehr heikel seien. Wie einer der Autoren des Entwurfs erklärte, wollten die Verfasser lediglich, dass die UOK-MP sich dazu verpflichte, keine antiukrainischen Aktivitäten in der Ukraine zu verfolgen. (NÖK)