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Slowakei: Nach Journalistenmord: Bischofspredigten sorgen für Aufsehen

08. März 2018
Die Ermordung des slowakischen Journalisten Ján Kuciak und dessen Verlobter, der Archäologin Martina Kušnírova, hat auch die katholische Kirche des Landes aufgerüttelt. An den Trauerfeiern für die beiden Ermordeten wandten sich Erzbischof Stanislav Zvolenský von Bratislava und Weihbischof Marek Forgáč mit deutlichen Worten an die Politik und forderten eine rückhaltlose Aufklärung des Verbrechens. Kuciak hatte für das zur deutsch-schweizerischen Mediengruppe Ringier Axel Springer Media gehörende Nachrichtenportal aktuality.sk geschrieben und hatte mehrfach Artikel über korrupte Machenschaften in der Slowakei veröffentlicht.

Erzbischof Zvolenský, der die Beisetzung von Kuciak in dessen Heimatgemeinde Štiavnik leitete, sagte: Wenn der Mörder geglaubt habe, Ján Kuciak zum Schweigen zu bringen, habe er das genaue Gegenteil bewirkt. Wer die Sünde dieses Mordes begangen habe „und wer damit etwas gemein hat“, müsse „augenblicklich Reue zeigen“, so der Vorsitzende der Slowakischen Bischofskonferenz weiter. Er betrachte den „Angriff auf den Journalisten als Angriff auf die Freiheit unseres Landes, unserer irdischen Heimat“. „Bei allen Meinungsverschiedenheiten“ sei „die Arbeit der Journalisten zu achten“. Die Wahrheit „zu suchen, zu schreiben und zu sagen“ sei „ein schwerer, nicht selten undankbarer Dienst“. Daher sei es die „Pflicht und das erhabene Privileg der Journalisten im Land, Wächter von Freiheit und Demokratie zu sein“. Wer immer nach ihrem Leben greife, greife nach der Freiheit der Slowakei – „und dies dürfen wir keinesfalls zulassen“, erklärte Zvolenský eindringlich. An die Politiker gewandt fragte er, wie jene mit ihrer Macht umgingen, „denen diese von den Menschen anvertraut wurde“. Die Antwort auf diese Frage werde „ganz wesentlich von der Art abhängen, wie der tragische Todesfall von Ján und Martina aufgeklärt wird“.

Bereits einen Tag zuvor war Martina Kušnírova in ihrem Heimatort Gregorovce bei Prešov beigesetzt worden. Die Trauerfeier leitete der Weihbischof der Erzdiözese Košice, Marek Forgáč. In seiner Predigt unterschied er zwischen drei Formen des Bösen: Die erste sei die Personifizierung des Bösen im Mörder. Wer imstande sei, „von Angesicht zu Angesicht ein unschuldiges junges Leben zu vernichten“, der sei selber „der Teufel“. Dann gebe es „das institutionalisierte Böse“, das von „verbrecherischen Gruppierungen“ verübt werde. In Anspielung auf die der Bluttat verdächtigten italienischen Ndrangheta, deren Verbindungen zur slowakischen Regierungspartei Smer Kuciak nachgeforscht hatte, rief Bischof Forgáč „den guten Herrgott“ an, er möge das Land und speziell „unsere Ostslowakei vor einem solchen organisierten Bösen“ schützen. Landesweite Aufmerksamkeit erregten jedoch seine Ausführungen über das dritte Böse – „das diffuse, mitunter schwer definierbare Böse in der Atmosphäre“, die das Klima für das sich immer weiter ausbreitende institutionalisierte Verbrechen schaffe. Wenn es in der slowakischen Gesellschaft Führungspersönlichkeiten gebe, „die mit ihren Aktivitäten, Kontakten, Freunden, mit ihrer Tätigkeit oder auch Untätigkeit“ einer solchen Vermehrung des Bösen Vorschub leisteten, so müssten diese Führungspersönlichkeiten „die indirekte Verantwortung dafür übernehmen, dass jetzt zwei junge Menschen gestorben sind.“

Forgáčs Kritik an der Regierung gipfelte in seinem Urteil, wenn Ministerpräsident Robert Fico sein Versprechen einer Aufklärung des Verbrechens mit einer Million auf den Tisch gelegter Euro unterstreiche, so sei dies ein „arger Zynismus, wo doch das Geschehene aus Liebe zum Geld geschehen“ sei. In Zeiten wie diesen brauche die Slowakei „nicht den Blick auf Geldbündel auf dem Tisch, sondern auf charaktervolle Menschen, die fähig und bereit sind, für das Geschehene direkte, auch indirekte Verantwortung zu übernehmen und in Demut die Bühne zu verlassen“. Dies sei „einem Führer, einem Vater, einem Mann und einem Christen“ angemessen.

Ministerpräsident Fico denkt derweil jedoch nicht an Rücktritt. Die Forderung von Präsident Andrej Kiska nach einer Umbildung der Regierung oder Neuwahlen wies er zurück und erklärte, ein Umbau der Regierung wäre eine Leugnung der Ergebnisse von Parlamentswahlen von 2016. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)