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Russland: Kirche veröffentlicht Entwurf zum Schutz ungeborenen Lebens

18. Juli 2019

Die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) hat eine breite gesellschaftspolitische Debatte über das Lebensrecht von Ungeborenen gestartet. In dem Dokument „Über die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens vom Moment der Zeugung“ fordert die Kirche einen gesetzlichen Schutz der Rechte von Embryos. Den Entwurf hat eine Kommission der „Interkonziliaren Präsenz“ erarbeitet, ein Beratungsorgan des Moskauer Patriarchats, das die oberste Kirchenleitung bei der Vorbereitung von wichtigen Beschlüssen unterstützt. Er wurde den Eparchien der ROK unterbreitet, damit sie dazu Stellung nehmen können. Um eine Diskussion zu ermöglichen, wurde er zudem auf verschiedenen Webseiten veröffentlicht. Bis zum 30. September können alle Interessierten ihre Kommentare abgeben.

Ausgehend von der genetischen Einzigartigkeit eines Embryos betrachtet ihn das Dokument vom Moment der Zeugung an als menschliches Wesen. Daher sei der Schwangerschaftsabbruch zu „jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft die Tötung eines Menschen“. Als Mensch verfüge der Embryo über eine Reihe von Rechten, darunter das „Recht auf menschliche Identität, das Recht auf Leben und das Recht auf Entwicklung“. Diese fundamentalen Rechte des Embryos als menschliche Person müssten im Gesetz verankert werden, betont die ROK im Entwurf.

Im Hauptteil des Dokuments geht es um Abtreibung und deren Einordnung durch die ROK. Da sie Schwangerschaftsabbrüche in jedem Fall mit Mord gleichsetzt, „ist es unmöglich von einem ‚Recht auf Abtreibung‘, d.h. einem ‚Recht auf Mord‘, zu sprechen“. Daher kann die ROK in keinem Fall ihren Segen zu einer Abtreibung geben, heißt es in dem Entwurf weiter. Wenn das Leben der Mutter durch eine Schwangerschaft gefährdet ist und nur durch eine Abtreibung gerettet werden kann, empfiehlt die Kirche, insbesondere wenn sie schon Kinder hat, Nachsicht und eine besondere Seelsorge. Eine Frau, die auf eine Abtreibung verzichtet, um das Leben des Kindes zu retten und dabei ihr eigenes opfert, ähnle einem christlichen Märtyrer.

Die ROK sieht den Staat, sich selbst und die Gesellschaft in der Pflicht, Maßnahmen zu erarbeiten, um Mütter – vor allem in schwierigen wirtschaftlichen Situationen – zu unterstützen, und Bedingungen zur Adoption zu schaffen. Zudem müssten werdende Mütter unterstützt und ihnen klar gemacht werden, dass ein Kind ein größeres Glück sei als materielle Güter. Die Ehemänner tragen nach Ansicht der Kommission eine Mitverantwortung und sind aufgerufen, ihre schwangeren Frauen zu unterstützen. Ärzte, Krankenschwestern und alle medizinischen Mitarbeiter sollen Schwangerschaftsabbrüche verweigern können. Die ROK ruft daher den Staat auf, das „Recht medizinischer Mitarbeiter auf Ablehnung der Durchführung einer Abtreibung aufgrund ihres christlichen Gewissens zu garantieren“. Denn eine Abtreibung sei auch für den durchführenden Arzt eine Sünde.

Die pränatale Diagnostik wird von der Kommission kritisch beurteilt. Solange sie auf die Heilung des Embryos ziele, sei sie moralisch zulässig; meist führe sie jedoch zur Abtreibung. Da es noch nicht möglich sei, genetische Krankheiten vor der Geburt zu heilen, gebe es keinen Grund, die pränatale Diagnostik überhaupt anzuwenden. Zudem verurteilt die ROK Tests mit dem Ziel, Nachkommen mit bestimmten Charakteristiken auszuwählen, da dies die Vernichtung von Kindern beinhalte, die nicht ausgewählt wurden. (NÖK)