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Russland: Patriarch Kirill verbietet Erzdiakon Kurajev Ausübung der Liturgie

14. Mai 2020

Patriarch Kirill hat dem bekannten Erzdiakon Andrej Kurajev vorübergehend verboten, Gottesdienste zu feiern. Grund dafür waren Kurajevs Aussagen über Erzpriester Aleksandr Agejkin, den Vorsteher der Epiphanien-Kathedrale in Moskau, der kürzlich an Covid-19 verstorben ist. Die „öffentliche Beleidigung“ seines Andenkens ohne Rücksicht auf seine Frau und Kinder am Tag seines Todes sei nicht nur „unmoralisch“, sondern auch „besonders zynisch“, erklärte Kirill in seiner Anordnung. Dies habe Erzbischöfe, Geistliche und Laien der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) aufgebracht, heißt es weiter. Zudem habe Kirill frühere Handlungen Kurajevs berücksichtigt, über die Beschwerden bei ihm eingegangen seien. Deshalb werde ihm das Feiern der Liturgie untersagt, bis das Kirchengericht der Eparchie Moskau in seinem Fall eine Entscheidung treffe.

Kurajev zeigte sich vom Verbot wenig beeindruckt, für ihn sei dies nicht „das traurigste Ereignis des Tages“. Am selben Tag sei der Moskauer Geistliche Georgij Brejev gestorben, der ihm damals den Eintritt ins Moskauer Seminar empfohlen habe, erklärte er gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax. Das sei „ein viel bedeutenderes Ereignis“, das ihn sehr betrübe und er denke nur daran.

Kurajev hatte Agejkin in seinem Blog auf LiveJournal als „stumpfen Karrieristen“ bezeichnet, der im „Bereich des VIP-Service“ Karriere gemacht habe. Zudem kritisierte er Agejkins Haltung angesichts der Coronavirus-Epidemie. Letzterer hatte sich gegen eine Schließung der Kirchen ausgesprochen und behauptet, dass eine entsprechende Entscheidung „das Wirken Gottes aufhebt“ und von Misstrauen gegenüber Gott spreche. Kurajev hingegen hatte in einem Interview mit der Zeitung Moskovskij Komsomolez Schutzmaßnahmen befürwortet und darauf hingewiesen, dass die ROK in der Vergangenheit in vergleichbaren Situationen mehrfach ihre Bräuche angepasst habe. Angesprochen auf die hohen Fallzahlen in den Klöstern der ROK verwies er auf das enge Zusammenleben und die teils vielfältigen Kontakte nach außen sowie den Widerstand einiger Gemeinschaften gegen Schutzmaßnahmen. Daher wäre es bei den ersten Anzeichen der Pandemie „nötig gewesen, sich sofort einzuschließen, den Kopf einzuschalten, die Verantwortung nicht nur für das eigene Leben, sondern auch für das der Pilger zu erkennen“.

Kurajev ist einer der bekanntesten orthodoxen Publizisten in Russland. Sein Blog auf LiveJournal ist einer der meistgelesenen in Russland und er ist bei den liberalen Medien ein beliebter Interviewpartner. Oft übt er dabei Kritik an der ROK und ihrer Leitung und vertritt abweichende Positionen, so zur Ukraine. Zwar hatte er die Kandidatur des aktuellen Patriarchen Kirill voll unterstützt, distanzierte sich aber später von ihm. Er wirft ihm vor, dass politische Themen Glaubensfragen in seinen Reden und Predigten verdrängen. Ende 2013 verlor Kurajev seine Professorenstelle an der Geistlichen Akademie in Moskau und wurde aus der Theologischen Synodalkommission ausgeschlossen, auch sein Lehrauftrag an der Moskauer Staatlichen Universität wurde nicht verlängert. (NÖK)