Ukraine: Hl. Synod der UOK rechtfertigt Abbruch der kirchlichen Gemeinschaft

19. Dezember 2019

Der Hl. Synod der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die dem Moskauer Patriarchat untersteht, hat sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass die Orthodoxe Kirchen von Griechenland und das Griechisch-Orthodoxe Patriarchat von Alexandria die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) anerkannt haben. Die kirchliche Gemeinschaft mit den Vertretern der OKU, die im Januar 2019 vom Ökumenischen Patriarchat die Autokephalie erhalten hat, löse das Problem der Kirchenspaltung in der Ukraine nicht, sondern habe es „auf der administrativen, aber auch der spirituellen Ebene“ verschlimmert. Dabei handle es sich nicht um ein „Problem der bilateralen Beziehungen“ zwischen Konstantinopel und Moskau, sondern betreffe die ganze Weltorthodoxie.

In ihrem Statement kritisierten die ukrainischen Bischöfe die „neue Konzeption des Primats des Patriarchen von Konstantinopel als ‚Erstem ohne Gleiche‘ (primus sine paribus)“, das der Orthodoxie bisher fremd gewesen und eine „klare Verletzung des Prinzips der Katholizität der Kirche“ sei. Angesichts dieser Situation sei der Abbruch der Gemeinschaft mit dem Patriarchat von Konstantinopel und den beiden anderen Kirchen, die die OKU anerkannt haben, durch die UOK kein „Missbrauch oder Erpressung der Eucharistie“, wie ihr vorgeworfen werde, sondern im Gegenteil eine „Verteidigung der Eucharistie“. Sie „erhalte die kanonische und spirituelle Reinheit der Kirche“. Die Lösung der Krise sieht die UOK in der Durchführung eines panorthodoxen Konzils, daher begrüßt sie die entsprechende Initiative des Patriarchen von Jerusalem.
Die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) plant ein eigenes Bischofskonzil, um die Konflikte innerhalb der Orthodoxie zu besprechen. Er hoffe, dass die Bischöfe „sehr bald unsere Position zu den Schismen und unseren Brüdern, die leider solche Spaltungen unterstützen, eindeutig klären werden“, sagte der russische Patriarch Kirill. Besonders „gefährlich und traurig“ findet er, dass die Unterstützung für Schismatiker nicht wie früher nur von „marginalen Gruppen“ komme, sondern auch von kanonischen Lokalkirchen. Die ROK bete und arbeite dafür, dass die „Mächte des Bösen die Einheit der orthodoxen Kirchen nicht zerstören“. Das Bischofskonzil der ROK wird vom Hl. Synod einberufen, dieser hat aber noch keinen entsprechenden Beschluss gefasst.
Scharfe Kritik an Patriarch Kirill für den Abbruch der Kirchengemeinschaft mit Konstantinopel, Alexandria und Griechenland kam von Erzbischof Chrysostomos (Dimitriou) von Zypern. Er findet es inakzeptabel, dass Kirill die Oberhäupter der drei Kirchen in der Liturgie nicht mehr kommemoriert. Dies tue man nur, wenn jemand von orthodoxen Glauben abweiche, die betroffenen Kirchenleiter seien jedoch keine Häretiker. Kirill habe das „Recht, sich über ihr Verhalten zu beschweren“ und nicht einverstanden zu sein. Aber der Abbruch der Gemeinschaft sei für Häretiker reserviert, deshalb sei Kirills Verhalten „inakzeptabel“. Er habe auch den Gesandten Kirills, die ihn auf die Seite der ROK hätten ziehen wollen, erklärt, dass er dieses Vorgehen nicht unterstütze. Chrysostomos befürchtet, dass Kirill eine Spaltung provozieren werde, und ein „Schisma ist die größte Sünde“. Obwohl seit Jahrhunderten der Patriarch von Konstantinopel in der Orthodoxie den Ehrenvorsitz habe, wolle Kirill die Führung der Weltorthodoxie übernehmen. Er habe ihm gesagt, „Du wirst nie der Erste sein“, aber Kirills Egoismus trübe seine Wahrnehmung.
Zugleich kritisierte Chrysostomos die pro-russische Haltung dreier Metropoliten der Orthodoxen Kirche von Zypern – Metropolit Nikiforos (Kykkotis) von Kykkos, Metropolit Isaiah (Kykkotis) von Tamassos und Metropolit Athanasios (Nikolaou) von Limassol. Der Hl. Synod seiner Kirche habe entschieden, in der Ukraine-Frage keine Position zu beziehen und weder für Moskau noch für Konstantinopel Partei zu ergreifen. Er wolle „neutral bleiben, damit wir helfen können“. Beide Patriarchate „sind egoistisch und können das Problem nicht lösen“, sie brauchten Hilfe. Trotz dieser klaren Haltung des Hl. Synods hätten die Metropoliten Position gegen das Ökumenische Patriarchat bezogen und sogar eine Konferenz mit der ROK organisiert.
In einem Statement erklärte auch die ständige Hl. Synode der Orthodoxen Kirche von Griechenland (GOK) noch einmal ihre Position in der Ukraine-Frage. Die GOK habe ihre Entscheidung „ohne Eile und synodal, auf Grundlage der Kanones und nicht nationalistischer Trends oder anderer Interventionen“ getroffen. Jede andere Darstellung dieser Angelegenheit sei „unpassend“, „unangebracht“ und geschehe aus „hinterhältigen Absichten“. Eine eigene Position vertritt der griechische Metropolit Germanos (Paraskevopoulos) von Elias, der ebenfalls ein panorthodoxes Konzil als Weg zur Lösung des Konflikts sieht. Beide Seiten seien verantwortlich, dass die Kirche an der „Schwelle zu einem großen Schisma“ stehe. Die Intervention des Ökumenischen Patriarchats sei unkanonisch gewesen, ebenso das Verhalten Moskaus. An einem Konzil könne die Krise überwunden werden, indem der UOK unter Metropolit Onufrij die Autokephalie verliehen werde. Allerdings hat die UOK mehrfach betont, sie sei nicht an der Autokephalie interessiert, sie sei mit ihrer Situation als autonome Kirche innerhalb der ROK zufrieden. (NÖK)

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