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Tschechien: Halík lobt Kurs von Papst Franziskus

05. April 2018
In einem großen Osterinterview in der Prager Tageszeitung Lidové noviny hat der tschechische Priester und Soziologe Tomáš Halík das Wirken von Papst Franziskus durchwegs positiv bewertet. Jenes von Dominik Kardinal Duka als Erzbischof von Prag versah der Präsident der Tschechischen Christlichen Akademie jedoch mit einigen Fragezeichen. Generell warnte Halík vor stürmischen Zeiten, die auf Europa zukämen.

Das Thema der Päpste Johannes Paul II. (1978–2005) und Benedikt XVI. (2005–2013) sei der „Ausgleich mit der Moderne“ gewesen, nun stünde man „neuen Problemen einer radikal pluralistischen nachmodernen Zivilisation und den Reaktionen auf den sich zuspitzenden Globalisierungsprozess gegenüber“, sagte der tschechische Intellektuelle. Statt sich auf Fragen der Sexualmoral zu fixieren, weise Papst Franziskus einen anderen Weg: „Statt Moralisieren therapeutischer Dienst, statt Überheblichkeit Nähe, statt Verurteilung Respekt vor dem persönlichen Gewissen“.

Diese Reformimpulse bräuchten auch „das Umfeld der Theologen und christlichen Denker“, sagte Halík. Deshalb habe er zusammen mit dem Wiener Theologen Paul Zulehner einen Brief zur Unterstützung des Papstes verfasst, der im Rahmen der Initiative „Pro Pope Francis“ bisher von 73‘000 Personen aus 50 Ländern unterzeichnet wurde. International vernetzte Theologen seien danach um kurze Studien über die weltweiten Herausforderungen und um Lösungsvorschläge gebeten worden, die derzeit zusammengefasst würden. Noch vor deren Erscheinen in Buchform sollen sie Papst Franziskus vorgelegt werden. Auch Arbeitstreffen von Theologen und Soziologen mit Kirchenvertretern seien geplant.

Wie Jesus habe Papst Franziskus aber auch eine Spaltung gebracht, und er fürchte, so Halík, „dass die Unterschiede zwischen den Christen bereits unüberbrückbar“ seien. Die Trennungslinien verliefen dabei nicht zwischen den Kirchen, sondern quer durch sie hindurch und seien „eher psychologischer als doktrinärer Natur“. Sollte der Nachfolger des „großen Papstes“ dessen Weg weitergehen, so werde sich wie nach dem Zweiten Vatikanum „ein Flügel von Konservativen am Rand“ absetzen. Eine noch größere Krise aber würde entstehen, wollte der Nachfolger von Franziskus das „Steuer herumreißen“. Dann, so Halík, würde die Kirche anfangen, „einer marginalen Sekte zu gleichen – bis es wieder weitere Reformen gibt“.

Kardinal Duka sei „in seinem Entgegenkommen gegenüber den Präsidenten Václav Klaus und Miloš Zeman zu weit gegangen“ und habe sich „in eine Falle locken lassen“, urteilte der Theologe in dem Interview. Die Kirche habe „im Staat nicht nur eine dekorative Rolle, sondern auch eine prophetisch-kritische“. Wenn Klaus in Deutschland für die AfD agitiere und Zeman wiederum dem russischen Staatschef Vladimir Putin rate, „Journalisten zu liquidieren“ und die „chinesischen Genossen“ rühme, weil man „von ihnen lernen kann, wie man die Gesellschaft stabilisiert“, so sei hier „kritische Distanz zu wahren“.

In Ländern des ehemaligen Ostblocks stünden heute die öffentlich-rechtlichen Medien sowie die Verfassungsgerichte unter Beschuss, so Halík weiter. Danach würden die Universitäten und das Schulwesen an die Reihe kommen. In Ungarn und Polen gebe es schon „Analogien zu dem Szenarium, nach dem totalitäre Regime in der Vergangenheit vorgingen“, mahnte der Theologe. In einer solchen Lage bedürfe es „charismatischer Persönlichkeiten, die sich mutig dem Bösen entgegenstellen, wie Dietrich Bonhoeffer gegen den Nazismus, Martin Luther King gegen den Rassismus, Kardinal Beran gegen den Kommunismus und Papst Franziskus gegenüber der Gleichgültigkeit, der Angst und dem Hass zur Zeit der Massenmigration“.

Halík war in der kommunistischen Zeit einer der wichtigsten katholischen Vertreter in der tschechischen Oppositionsbewegung. Er wurde 1978 geheim zum Priester geweiht und nach der Wende Generalsekretär der Bischofskonferenz seines Landes. Der Vertraute des damaligen Staatspräsidenten Václav Havel übernahm 1997 eine Professur für Soziologie an der Karls-Universität in Prag. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)