Tschechien: Bischöfe kritisieren Besteuerung von Restitutionen

07. Februar 2019

Mehrere Bischöfe der katholischen Kirche in Tschechien haben die Entscheidung des Abgeordnetenhauses zur Besteuerung der Restitutionszahlungen an die Religionsgemeinschaften scharf kritisiert. Der Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz, Stanislav Přibyl, sprach von einem „Sieg des Populismus über den gesunden Menschenverstand und den Rechtsstaat“. Sorgen mache ihm nicht das Geld, sondern das Rechtsklima, weil die Sicherheit des Rechtsstaates untergraben werde.

Der Prager Weihbischof Václav Malý sieht in der Parlamentsentscheidung „erste Anzeichen für einen erstarkenden Einfluss der Kommunisten“. Das sei 30 Jahre nach der politischen Wende vom November 1989 eine Warnung. „Mit den Achseln zu zucken und abzuwinken ist da keine Lösung“, sagte Malý, der in der sog. Samtenen Revolution zu den wichtigen Kirchenvertretern unter den Dissidenten rund um den Schriftsteller Václav Havel gehörte.
Die vom Abgeordnetenhaus angenommene Gesetzesnovelle soll die Restitutionsregelung von 2013 über die finanzielle Entschädigung der Glaubensgemeinschaften modifizieren. Ab 2020 sollen die Entschädigungen, welche die Kirchen für nach dem Zweiten Weltkrieg enteignetes, aber nicht mehr rückgabefähiges Eigentum vom Staat erhalten, mit 19 Prozent besteuert werden. Damit würden in den folgenden 30 Jahren 23,4 Mio. Euro an den Staat zurückfließen. Der am 23. Januar verabschiedete Gesetzesvorschlag geht auf die Initiative der Kommunisten zurück, die die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Andrej Babiš, bestehend aus dessen Partei ANO und den Sozialdemokraten, stützen. Das Gesetz muss noch von der zweiten Kammer des tschechischen Parlaments – dem Senat – bestätigt werden. Auch wenn der Senat die Novelle ablehnt, kann er vom Abgeordnetenhaus überstimmt werden. Da Präsident Miloš Zeman bereits angekündigt hat, das Gesetz zu unterzeichnen, wird erwartet, dass die Kirchen und die Föderation der jüdischen Gemeinden beim Verfassungsgericht Klage erheben werden.
Die Tschechische Bischofskonferenz beschloss an ihrer Sitzung am 30. und 31. Januar den Entscheid des Senats abzuwarten. Sie wolle sich aber mit Babiš beraten und das weitere Vorgehen mit anderen Religionsgemeinschaften abstimmen, erklärte der Prager Erzbischof Dominik Kardinal Duka. Mit den vom Ökumenischen Rat vertretenen Kirchen habe man sich bereits abgesprochen und mit der Föderation der Jüdischen Gemeinden seien die Kontakte „außergewöhnlich gut“. Die Juden seien von der Gesetzesnovelle am stärksten betroffen, da sie nach dem Verlust ihres Eigentums durch den Nationalsozialismus in der kurzen Zeit der Dritten Republik (von 1945 bis zur Machtergreifung der Kommunisten 1948) nicht entschädigt und von den Kommunisten noch weiter enteignet worden seien. (NÖK; mit Material von Kathpress)

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