Litauen: Orthodoxe fordern Nicht-Einmischung des Staats

14. Juli 2022

Orthodoxe Gläubige und Geistliche haben den litauischen Präsidenten Gitanas Nausėda aufgerufen, die Einmischung des Staats in kirchliche Angelegenheiten zu stoppen. Überbracht wurden die beiden Appelle Anfang Juli vom Vikarbischof der Eparchie Vilnius, Bischof Amvrosij (Fedukovitsch) von Trakai, der sie den Präsidentenberatern Ridas Jasiulionis und Povilas Mačiulis überreichte. Den Appell der Gläubigen hatten 7317 Personen unterzeichnet, beim Appell der Geistlichen waren es 61.

Auslöser für die Petitionen ist, dass mehrere litauische Geistliche aufgrund der Haltung des Moskauer Patriarchats zum Krieg in der Ukraine dieses verlassen und sich dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel anschließen wollen. Die orthodoxe Kirche in Litauen ist Teil der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK). Die Geistlichen haben bei ihrem Vorhaben Rückendeckung von der litauischen Premierministerin Ingrida Šimonytė erhalten, was in der litauischen Kirchenleitung Empörung hervorrief.

Beim Treffen mit den Präsidentenberatern betonte Bischof Amvrosij die unveränderte Haltung der Orthodoxen Kirche in Litauen zum Krieg in der Ukraine, den sie entschieden verurteilt. Zudem tauschten sich die Anwesenden über die Bestrebungen der erwähnten Geistlichen zum Jurisdiktionswechsel aus. Sie waren sich einig, dass dabei eine staatliche Einmischung in innere Angelegenheiten der Kirche unzulässig sei. Amvrosij informierte die Präsidentenberater zudem, dass seine Kirche beim Moskauer Patriarchat um einen autonomen Status gebeten habe. Dabei erklärte er sich auch bereit, in der synodalen Kommission zur Erörterung des Status der orthodoxen Kirche in Litauen mitzuarbeiten.

Der Hl. Synod der ROK hatte die Kommission am 27. Mai gleich nach dem Erhalt der Bitte eingerichtet. Am 6. Juli traf sie sich zu einer ersten Sitzung unter dem Vorsitz des Moskauer Patriarchen Kirill. Zu den Kommissionsmitgliedern gehören Metropolit Pavel (Ponomarjov), Vertreter des Patriarchen in der Metropolie Moskau und Leiter der Patriarchaladministration für die Angelegenheiten der Eparchie in den Ländern des nahen Auslands, Metropolit Dionisij (Porubaj), Geschäftsführer des Moskauer Patriarchats, Metropolit Antonij (Sevrjuk), Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, sein Stellvertreter, Erzpriester Nikolaj Balaschov, und Erzpriester Vladislav Tsyplin, Professor an der Geistlichen Akademie Moskau. In der ersten Sitzung wurden Unterlagen zur aktuellen Situation der Eparchie Vilnius studiert und die nächsten Arbeitsschritte festgelegt.

In ihrem Appell zeigen sich die Gläubigen tief besorgt über die „ungerechtfertigten Angriffe“ auf die orthodoxe Kirche in Litauen und drücken Metropolit Innokentij (Vasiljev) von Vilnius, der den Krieg gegen die Ukraine bedingungslos verurteilt habe, ihre volle Unterstützung aus. Sie verurteilen die „schismatische Handlungen einer Gruppe von Priestern, die eine parallele Kirchenstruktur einrichten wollen“, und beteuern ihre Treue zur orthodoxen Kirche in Litauen und zum Moskauer Patriarchat. Auch die Geistlichen verurteilen in ihrer Petition die Priester, die zum Patriarchat von Konstantinopel übertreten wollen. Diese würden die litauischen Erzbischöfe und ihre geistlichen Brüder verleumden, die Öffentlichkeit belügen, Gemeindemitglieder verführen und die Glaubensgemeinschaft zu zerstören drohen. Die Priester teilen Metropolit Innokentijs Meinung zum Krieg in der Ukraine und erklären ihren völligen Gehorsam ihm gegenüber. Sie hoffen, dass der Staat mit der offiziellen litauischen Kirche einen Dialog führen werde, nicht mit den abtrünnigen Geistlichen.

Den betreffenden Geistlichen – Vitalijus Mockus, Vitalis Dauparas, Georgij Ananjev und Vladimir Seliavko – wurde am 29. Juni bereits von Metropolit Innokentij wegen ihrer „kanonischen Vergehen“ die Priesterwürde aberkannt. Gintaras Sungaila hatte seine Priesterwürde schon einige Tage früher verloren. In der orthodoxen Online-Öffentlichkeit riefen die Bestrafungen harsche Kritik hervor. (NÖK)