Litauen/Lettland: Papst mahnt zu Solidarität und Dialog

04. Oktober 2018

Beim Papstbesuch in Litauen und Lettland standen Themen wie Ökumene, Solidarität und Austausch sowie die Verteidigung von Werten wie Freiheit und Unabhängigkeit im Zentrum. Anlass der viertägigen Reise durch die drei baltischen Staaten im September war deren Erlangung der Unabhängigkeit vor 100 Jahren. Papst Franziskus ist nach Papst Johannes Paul II. erst der zweite Papst, der das Baltikum besucht hat.

In Lettland war die Messe im Marienheiligtum Aglona das zentrale Ereignis des Papstbesuchs. Dabei warnte Franziskus vor Populismus und neuer Fremdenfeindlichkeit und rief stattdessen zu einer „universalen Geschwisterlichkeit“ auf. Er mahnte zu Vergebung und zum Verzicht auf Ressentiments und Misstrauen, auch wenn die Geschichte von (ethnischen) Konflikten noch immer „schmerzlich gegenwärtig“ sei. Aglona liegt im Osten Lettlands, unweit der Grenze zu Russland, wo eine große russische Minderheit lebt. Franziskus griff zudem gesellschaftliche Debatten um Migranten und Minderheiten auf und rief die Letten dazu auf, einander als Christen ohne Diskriminierung anzunehmen.

In Vilnius legte der Papst am Denkmal des ehemaligen Ghettos einen Kranz nieder und gedachte der Verfolgung und Ermordung der litauischen Juden während des Zweiten Weltkriegs. Gleichentags warnte er bei einer Messe vor dem Wiedererstarken des Antisemitismus. Dieser müsse rechtzeitig erkannt werden, insbesondere angesichts der vielen Menschen, die die Judenverfolgung nicht erlebt haben und „versucht“ seien, „solchem Sirenengesang nachzulaufen“.

Franziskus rief die Kirche und die Geistlichen bei seinem Besuch mehrfach dazu auf, sich öffentlich zu engagieren. Er warnte vor einem Rückzug in die eigene Vergangenheit und den Klerikalismus. Ordensleute dürften ihre Arbeit nicht wie Geschäftsleute angehen, sondern müssten die Nähe zu den Menschen und zu Gott ins Zentrum stellen. Im Sinne der Solidarität hätten die Ärmsten und Geringsten in der Mitte der Kirche zu stehen, seien es Minderheiten, Arbeitslose, vereinsamte alte Menschen oder entwurzelte Jugendliche.

Bei seiner ersten Begegnung mit katholischen Gläubigen in Litauen rief Franziskus dazu auf, „Brücken und nicht Mauern zu errichten“. Die Christen sollten für die Fähigkeit des Dialogs, der Geduld, der Nähe und der Aufnahmebereitschaft beten. Franziskus sieht Litauen in der Funktion einer Brücke zwischen Ost- und Westeuropa, so leiste das Land auch einen besonderen Beitrag für die EU.

Auf den Stationen seiner Reise traf Franziskus auch mit Vertretern anderer christlicher Gemeinschaften zusammen. Lettland ist religiös gemischt: Laut einer jüngsten Umfrage bekennen sich 20 Prozent der Bevölkerung zur katholischen Kirche, zur orthodoxen Kirche 26 Prozent und zur evangelisch-lutherische Kirche 17 Prozent. Litauen hingegen ist mehrheitlich katholisch. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)

Hannah Laue OP über den Papstbesuch in Lettland
Hintergrund johanna laue 200Zahlreiche Einwohner Lettlands sind in den letzten Jahren auf der Suche nach besseren Arbeitsplätzen ins Ausland abgewandert. Vor welchen Herausforderungen die Katholiken in Lettland stehen, dazu äußert sich Sr. Hannah Laue OP.