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Montenegro: Orthodoxe Kirche verurteilt Übergriffe auf muslimische Einrichtungen

17. September 2020

Die Serbische Orthodoxe Kirche (SOK) in Montenegro hat Angriffe gegen muslimische Montenegriner und ihre Einrichtungen scharf verurteilt. Metropolit Amfilohije (Radović), das Oberhaupt der SOK in Montenegro, bezeichnete einen Angriff auf die Moschee von Pljevlja als „große Schande“ für den oder die Täter. So etwas im Schutz der Nacht zu tun, sei „ehrlos und feige“, schrieb er in seinem Statement weiter.

Zudem unterstellte Amfilohije, dass es sich bei den Angriffen um gezielte Provokationen handelt. Diese sollten seiner Ansicht nach das Verhältnis zwischen den Bürgern in Pljevlja und in ganz Montenegro aufgrund der Glaubenszugehörigkeit zerrütten. Da nun schon mehrere Zwischenfälle unaufgeklärt geblieben seien, liege die Vermutung nahe, dass es sich nicht um echte Hassverbrechen handelt, sondern um einen „durchdachten Plan zur Schaffung von Spannungen aufgrund des Wahlausgangs“. So oder so sei der Angriff auf die örtlichen Muslime ein „Angriff auf jeden Christen aus Pljevlja und jeden Bürger Montenegros“.

In der Nacht vom 1. auf den 2. September hatten Unbekannte Steine auf Gebäude der islamischen Gemeinschaft von Pljevlja geworfen. Dabei zerbrachen die Scheiben an der Eingangstür, eine Drohbotschaft wurde in das Innere des Gebäudes geworfen. Eine informelle Gruppe verkündete, dass die „Serben aus Pljevlja“ Patrouillen zum Schutz ihrer muslimischen Nachbarn organisieren würden. Zwei Tage zuvor waren während Feiern zum Sieg der Opposition bei den Parlamentswahlen am 30. August mehrere Gebäude, die Muslimen gehören, beschädigt und zwei Muslime angegriffen worden. In Bijelo Polje hatte es einen Angriff auf die orthodoxe Nikolauskirche gegeben, während in Rožaje rund 100 Personen mit montenegrinischen Fahnen vor einer orthodoxen Kirche demonstrierten.

Der für Pljevlja zuständige Bischof Atanasije (Rakita) von Mileševo drückte seine „unermessliche Trauer“ über den Vorfall aus. Einen „Stein auf die muslimische Gemeinschaft zu werfen“, bedeute, zugleich einen „Stein auf das Kloster der Dreifaltigkeit“ in Pljevlja zu werfen. Leider könne er zurzeit wegen administrativen Problemen an der Grenze – sein Sitz im Kloster von Mileševo liegt in Serbien – der islamischen Gemeinschaft sein Mitgefühl nicht persönlich mitteilen, das würden die Priester aus Pljevlja übernehmen.

Der Imam von Pljevlja, Samir Kadribašić, bewertet den Vorfall als Ausdruck von Faschismus. Hinter den Angriffen vermutet er jedoch keine Mehrheit der Bevölkerung, sondern verängstigte Einzelpersonen oder kleine, faschistisch gesinnte Gruppen. Allerdings hätten die Muslime in Pljevlja nun Angst, und Kadribašić befürchtet, dass die Situation außer Kontrolle geraten könnte. Husein Efendi Hodžić, Imam in Herceg Novi, rief alle politischen Parteien, ob Sieger oder Verlierer der Parlamentswahlen, auf, Spannungen abzubauen. Besonders betonte er, dass die bisherigen Regierenden noch im Amt und somit dafür verantwortlich seien, Recht und Ordnung in Montenegro aufrecht zu erhalten; sie müssten die angegriffenen Minderheiten schützen.

Zdravko Krivokapić, der Spitzenkandidat des Bündnisses Für die Zukunft Montenegros, das bei den Parlamentswahlen das zweitbeste Resultat erzielt hat, verurteilte die Vorfälle ebenfalls scharf. Dabei bezeichnete er die Ereignisse ebenfalls als „Versuche“ der abtretenden Regierung, mit „böswilligen Provokationen in gemischten Orten wie Pljevlja die interethnischen und interkonfessionellen Verhältnisse zu zerstören“. Die bisherige Regierungspartei, die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS), bestritt die Vorwürfe vehement. Es sei eine „schandhafte Übertragung der Verantwortung für das konstante Anfachen interethnischer und interkonfessioneller Unruhen“, deren Urheber eben der „politische Block“ sei, dem Krivokapić und die „Ideologie des großserbischen Nationalismus vorstehen und dessen Geistlicher Metropolit Amfilohije ist“. Die DPS hat in den Parlamentswahlen zwar das beste Ergebnis erzielt, aber die Mehrheit verloren, während mehrere oppositionelle Bündnisse zusammen über eine Parlamentsmehrheit verfügen würden. Sämtliche Parteien, die sich zu Wort meldeten, verurteilten die Vorfälle und riefen die Sicherheitsorgane auf, sie schnellstmöglich aufzuklären. (NÖK)