OWEP 4/2021: Seen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa

Seen – wohl kaum jemand hat keine Erlebnisse zu erzählen, wenn es um diese größeren oder kleineren Gewässer geht. Vom mittelgroßen Teich bis zu riesigen Wasserflächen, Seen gehören zu den prägenden Erscheinungen der Erdoberfläche. In Geschichte und Kultur vieler Völker spielen sie eine große Rolle, in die Kunst haben sie Eingang gefunden. Sie spielen vielfach eine Rolle im Wirtschaftsleben, sei es wegen ihrer Fischbestände oder wegen ihrer touristischen Nutzung. Sie sind aber auch höchst sensible ökologische Größen und in ihrer Existenz gefährdet – auch bei ihnen macht sich der Klimawandel bemerkbar. All das macht sie als Schwerpunktthema für OWEP interessant.

Eröffnet wird das Heft von einem Essay der russisch-österreichischen Schriftstellerin Julya Rabinowich. In den „Seen meines Lebens“ blickt sie auf ihre Kindheit und Jugend zurück und reflektiert über die Rolle von Seen in ihrem literarischen Werk. Ganz andere Akzente setzt das folgende Gespräch mit Prof. Dr. Rita Adrian vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Ihre Ausführungen belegen die Gefährdung vieler Seen durch Umweltverschmutzung und Klimaveränderungen.

Mit dem Beitrag von Marek Frysztacki über den Solina-Stausee in Südostpolen wendet sich der Blick Richtung Osten. Der Autor geht der Geschichte der gesamten Region nach. Deutlich wird, dass die heutige Idylle des Stausees mit dem Untergang einer ganzen Kultur, nämlich der der Bojken, einher gegangen ist. Ebenfalls wunderschön und zugleich gefährdet sind die Plitvicer Seen in Kroatien, heute UNECSO-Weltnaturerbe und vielen Deutschen noch als Kulisse der Winnetou-Filme bekannt. Im Beitrag des in Belgrad lebenden Journalisten Thomas Roser wird deutlich, wie zerbrechlich das Ökosystem der Seen ist und der dortige Massentourismus sich zu einer ernsthaften Bedrohung entwickelt hat. Zu den auch bei vielen Deutschen bekannten und beliebten Seen gehört, wie aus dem Text des ungarischen Journalisten Márton Gergely ersichtlich wird, der Plattensee (Balaton), die „ungarische Adria“. Anhand von Geschichte und Geschichten um diesen See in kommunistischer Zeit und in der Gegenwart, erzählt mit einem Augenzwinkern, entwirft er das Bild eines Sees, den man „trotz allem“ lieben muss.

Im Mittelpunkt der Reportage von OWEP-Chefredakteurin Gemma Pörzgen steht wiederum ein völlig anderer Seentyp. Ihr Reiseziel ist der Großräschener See im Lausitzer Seenland, entstanden durch Auflassung eines Braunkohletagebaues. Dieser See steht stellvertretend für umgenutzte ehemalige Industrieregionen. Wie die Reportage zeigt, verläuft dies nicht immer problemlos.

In eine andere Region im Südosten Europas führt der folgende Essay des nordmazedonischen Schriftstellers Nikola Madzirov. Er wandert am Ohridsee entlang, geht der Geschichte der Stadt Ohrid mit ihren zahllosen Kirchen und Klöstern nach und lässt die Leserinnen und Leser teilhaben an Gedanken über die metaphysische Bedeutung des Wassers für die menschliche Existenz.

Im Nordosten Europas, an der Grenze zwischen Estland und Russland, liegt der Peipussee, entstanden wie viele Seen in diesem Teil Europas am Ende der Eiszeit. Prof. Dr. Thomas Bremer, OWEP-Redakteur, gibt einen historisch-geografischen Überblick und zeigt auf, dass dieser See zwar an der EU-Außengrenze liegt, zugleich aber Ost und West mehr verbindet als trennt. Noch weiter im Norden und Osten liegen die Seen, die im Mittelpunkt des Beitrags von Dr. Georgiy Kirillin stehen, der ebenfalls am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin tätig ist. Sein Forschungsschwerpunkt sind Veränderungen von Strömungsverhältnissen innerhalb von Seen in der kalten Jahreszeit, die er mit Kollegen in Finnland und Russland (dort besonders am Baikalsee) durchführt. Der Klimawandel macht sich auch dort immer stärker bemerkbar.

Der letzte Beitrag des Heftes führt zu einem See, den es eigentlich gar nicht mehr gibt. Jahrzehntelanger Raubbau an der Natur hat den zentralasiatischen Aralsee fast völlig verschwinden lassen. Die Reportage der Journalistin Edda Schlager zeigt, wie die Menschen in der Region trotz der Umweltkatastrophe ihre Existenz zu sichern versuchen.

Abgeschlossen wird das Heft mit Hinweisen zu weiterführender Lektüre. Das Heft enthält außerdem als Einleger das Gesamtjahresverzeichnis für 2021.

Ein Ausblick auf Heft 1/2022, das Anfang Februar kommenden Jahres erscheinen wird: Der Titel „Serbien: Ein Land in der Sackgasse?“ verdeutlicht, dass ein Land der Westbalkanregion im Mittelpunkt stehen wird. Es wird um Politik, Kultur und Wirtschaft eines Landes gehen, das auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft immer wieder von den Schatten der Vergangenheit eingeholt wird.

Das ausführliche Inhaltsverzeichnis und ein Beitrag im Volltext finden sich unter www.owep.de. Das Heft kann für € 6,50 (zzgl. Versandkosten) unter www.owep.de bestellt werden.