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Weih­nach­ten als Politikum?

27. Dezember 2023

Regina Elsner

Der rus­si­sche Angriffs­krieg hat in der Ukraine seit 2014 viele Berei­che der vor­he­ri­gen Nor­ma­li­tät in Frage gestellt – auch den Kalen­der, der sich tra­di­tio­nell an der ost­kirch­li­chen Zählung ori­en­tierte. Dieses Jahr wurde in der Ukraine der neu­ju­lia­ni­sche Kalen­der ein­ge­führt: Statt wie bisher am 7. Januar wird nun am 25. Dezem­ber Weih­nach­ten gefei­ert. Warum das nicht unum­strit­ten ist.

Die west­li­chen Kirchen und Staats­we­sen führten im 16. Jahr­hun­dert den soge­nann­ten gre­go­ria­ni­schen Kalen­der anstelle des julia­ni­schen ein, die byzan­ti­ni­schen Kirchen behiel­ten den julia­ni­schen bei. 1923 ent­schied ein ortho­do­xer Kon­gress die Ein­füh­rung eines neuen Kalen­ders. Dieser neu­ju­lia­ni­sche Kalen­der lehnte sich an den gre­go­ria­ni­schen Kalen­der an und sollte per­spek­ti­visch zu einer iden­ti­schen Zählung mit diesem führen. In fast allen Kirchen, die den neuen Kalen­der ein­führ­ten – das Öku­me­ni­sche Patri­ar­chat, Alex­an­drien, Antio­chien, Rumä­nien, Bul­ga­rien, Zypern, Grie­chen­land und Alba­nien – kam es zu inner­kirch­li­chen Abspal­tun­gen von den „Alt­ka­len­da­ri­ern“, die in der neuen Zählung einen ver­rä­te­ri­schen Moder­nis­mus und das Abwei­chen von der hei­li­gen Tra­di­tion sahen. Manche ortho­do­xen Kirchen folgen deshalb bis heute dem julia­ni­schen Kalen­der, so die ortho­do­xen Kirchen von Jeru­sa­lem, Moskau, Serbien, Geor­gien, Tschechien/​Slowakei und Polen.

2016 konnte die Kalen­der­frage nicht dis­ku­tiert werden
Die Kalen­der­frage gilt als eine der größten Her­aus­for­de­run­gen für die ortho­doxe Kir­chen­ge­mein­schaft welt­weit, da sie gerade für eher tra­di­tio­nell den­kende Men­schen einen hohen Sym­bol­wert und damit ein enormes Spal­tungs­po­ten­tial hat. Ein pan­or­tho­do­xes Konzil im Juni 2016 auf Kreta hatte die Pro­ble­ma­tik von der Tages­ord­nung nehmen müssen – dabei war das Thema knapp 100 Jahre zuvor eines der bren­nends­ten Themen zur Ein­be­ru­fung eben dieses Konzils. Eine Eini­gung schien in dieser Frage offen­sicht­lich unmöglich.

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