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Bulgarien: Russische Geistliche aus Sicherheitsgründen ausgewiesen

05. Oktober 2023

Die bulgarischen Behörden haben den Vertreter des Moskauer Patriarchats in Bulgarien, Archimandrit Vassian (Zmejev), und zwei weitere Priester, die in der russischen Kirche in Sofia tätig gewesen waren, am 21. September des Landes verwiesen. Begründet wurde dies damit, dass die Geistlichen nach Ansicht der Nationalen Sicherheitsbehörde DANS eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellten. Diese Maßnahme steht höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit der Ausweisung von Vassian einige Tage zuvor aus Nordmakedonien aufgrund ähnlicher Anschuldigungen.

Die russische Botschaft in Sofia kritisierte die Ausweisung scharf als eine absichtliche Aktion, um die traditionellen Beziehungen zwischen Bulgarien und Russland zu zerstören. Von größerer Tragweite war jedoch die Schließung der Kirche, in der sich das Grab des heiliggesprochenen und von vielen Gläubigen verehrten Serafim Sobolev befindet. Obwohl die russische Botschaft diesen Entscheid gefällt hatte, gaben russophile Kreise in der bulgarischen Gesellschaft den bulgarischen Behörden die Schuld.

In den folgenden Tagen nahmen die Spannungen sowohl in kirchlichen Kreisen als auch auf politischer Ebene deutlich zu. Der bulgarische Ministerpräsident Nikolai Denkov sagte vor Journalisten, dass er sich persönlich mit dem DANS-Bericht vertraut gemacht habe, und dass sich die Maßnahme in diesem Fall nicht gegen russische Priester an sich richte, wie die russische Botschaft behauptet hatte, sondern gegen Personen, die gegen die Interessen Bulgariens arbeiteten. Er forderte die Öffnung der Kirche und lobte die Reaktion des bulgarischen Patriarchen Neofit, der zuvor eine Nachricht verbreitet hatte, dass er einen Brief an den russischen Patriarchen geschrieben habe, um eine Lösung zu finden, die den seelsorgerischen Bedürfnissen der Gläubigen gerecht werde. Zudem habe er mehrere Priester ernannt, die gegebenenfalls die Betreuung der Kirche übernehmen würden, bis die Situation geklärt sei.

Die Schließung der Kirche, mit der die russische Botschaft wahrscheinlich Unzufriedenheit unter den Gläubigen mit den bulgarischen Behörden schüren wollte, führte jedoch zu einer Art Bumerangeffekt, denn nun wird in der Öffentlichkeit eine Frage aufgeworfen, die zuvor nicht diskutiert worden war: wem gehört das Kirchengebäude und wer ist kirchenrechtlich für die Organisation des kirchlichen Lebens zuständig? Zum ersten Mal wurde dieses Thema vom Metropoliten von Ruse, Naum (Dimitrov), öffentlich angesprochen, aus dessen Sicht das Gebäude Eigentum der Bulgarischen Orthodoxen Kirche (BOK) ist und daher in deren Zuständigkeit fallen sollte. In den folgenden Tagen verlagerte sich die Debatte über die Eigentumsverhältnisse der Kirche auf die Frage, warum und ob es richtig war, die drei Priester auszuweisen. Dabei wiesen Theologen darauf hin, dass dieses Problem nicht nur eine Angelegenheit des weltlichen Rechts sei, sondern der orthodoxen Ekklesiologie und des Kirchenrechts. Sie machten darauf aufmerksam, dass selbst wenn das Gebäude der Russischen Kirche gehören sollte, so hieße das nicht, dass sie über die Organisation des kirchlichen Lebens in dieser Gemeinde verfügen könne, denn die Kirche befinde sich auf dem Gebiet des Sofioter Metropoliten.

Dilyan Nikolchev, Professor für Kirchenrecht an der Theologischen Fakultät der Universität Sofia, bezeichnete die Schließung der Kirche als einen Akt der Selbstgerechtigkeit und eine eklatante Verletzung des Eigentumsrechts durch den russischen Klerus. In einem Fernsehinterview erinnerte er daran, dass der russische Patriarch Kirill unter dem Namen Michailov als KGB-Agent tätig gewesen war, wofür es in bulgarischen Archiven Dokumente gebe, dass er den Angriffskrieg gegen die Ukraine abgesegnet habe, und dass sich viele orthodoxe Theologen in aller Welt zunehmend fragen würden, ob die russische Kirche der Häresie verfallen sei.

Angesichts des Konflikts um die russische Kirche in Sofia tagte der Hl. Synod der BOK am 3. Oktober. Das anschließend veröffentlichte Kommuniqué brachte die Unterstützung des Hl. Synods für das Vorgehen von Patriarch Neofit sowie die Hoffnung auf die Öffnung der Kirche zum Ausdruck. Es wurde jedoch festgestellt, dass letzteres nicht in der Zuständigkeit der BOK liegt. Außerdem beauftragte der Hl. Synod die Kommission für Kirchenrecht mit der Untersuchung des Falles.

Vladislav Atanassov