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Bulgarien: Patriarch Neofit gestorben

21. März 2024

Das Oberhaupt der Bulgarischen Orthodoxen Kirche (BOK), Patriarch Neofit, ist nach langer Krankheit am 13. März 2024 verstorben. Der 78-jährige hatte das Patriarchenamt seit 2012 inne. Politiker und Kirchenleute würdigten ihn als bescheiden, gütig, diplomatisch und als einen Mann des Konsenses, als einen Kleriker mit Ausstrahlung und Bescheidenheit, der nicht nach Macht gestrebt und sich Kritik angehört habe. Diese Äußerungen waren einerseits eine Anerkennung von Neofits Qualitäten, andererseits dienten sie als verschlüsselte Botschaften darüber, was die Mehrheit der Gläubigen von einem künftigen Patriarchen erwartet. Dies gilt insbesondere angesichts der Erwartungen, dass sich Metropolit Nikolaj (Sevastianov) von Plovdiv als nächster Vorsteher der BOK positionieren würde, der in der bulgarischen Gesellschaft als eher anmaßend, polarisierend, nicht zum Dialog bereit und eng mit den Neureichen und Politikern verbunden wahrgenommen wird.

Anlässlich des Todes des Patriarchen ordnete die Regierung eine zweitägige Staatstrauer an. Zur Beerdigung des Patriarchen am 16. März kamen fast alle Vertreter der höchsten Staatsmacht zusammen. Spannungen und Missverständnisse gab es wegen der Teilnahme von Vertretern anderer orthodoxer Kirchen an der Beisetzung. Für besondere Kontroversen sorgte die Anwesenheit des Oberhaupts der Orthodoxen Kirche in der Ukraine (OKU), Metropolit Epifanij (Dumenko), aber auch die Abwesenheit des russischen Patriarchen Kirill, die die russische Botschafterin Eleonora Mitrofanova damit erklärte, dass er nicht eingeladen worden sei. So wurde die Russische Orthodoxe Kirche durch ihren westeuropäischen Metropoliten, Metropolit Nestor (Sirotenko), vertreten. Und der westeuropäische Metropolit der BOK, Antonij (Michalev), stellte klar, dass die Anwesenheit von Epifanij kein Problem darstelle, da er nicht an den liturgischen Handlungen teilnehmen werde. Er fügte hinzu, dass die BOK noch keine Position zur Kanonizität der OKU eingenommen habe, da sie zuerst die Meinung anderer Kirchen abwarten wolle. Die Anwesenheit von Epifanij, die Abwesenheit von Patriarch Kirill und die Tatsache, dass der Ökumenische Patriarch Bartholomaios, der seit langem zur Zielscheibe prorussischer Kreise in Bulgarien geworden ist, die Beerdigung von Patriarch Neofit leitete, werden in den sozialen Medien als möglicher Versuch einiger BOK-Hierarchen interpretiert, einen dezenten prowestlichen Kurs zu verfolgen.

Gleichzeitig hat der Tod des Patriarchen die Frage der Wahl des Metropoliten von Sliven noch akuter werden lassen. Nachdem der Synod diese am 24. Februar kassiert und eine verfassungswidrige Anordnung erlassen hatte, dass nur er selbst neue Metropoliten wählen könne, gab es große Unruhe und Unzufriedenheit im Kirchenvolk. Am 12. März beschloss der Hl. Synod an seiner Sitzung, bei der sich protestierende Laien und Priester vor dem synodalen Gebäude versammelt hatten, die hoch umstrittene Anordnung aufzuheben, aber gleichzeitig die Kassation der Wahl zu bestätigen. In den daraufhin erlassenen Verordnungen über die Finanzprüfung der Eparchie und die Überprüfung der Wählerschaft sahen viele zu Recht einen Versuch einiger Mitglieder des Hl. Synods, den Kandidaten der derzeitigen Diözesanwähler, Bischof Jerotej (Kosakov), bei künftigen Wahlen auszuschließen. Aus diesem Grund ist ein Priester in den Hungerstreik getreten.

An seiner Sitzung am 19. März beschloss der Hl. Synod, dass die Wahlen des Metropoliten von Sliven am 19. und 26. Mai und für den Patriarchen am 30. Juni durchgeführt werden sollen. In der Zwischenzeit gab der umstrittene Metropolit Nikolaj von Plovdiv bekannt, dass er angesichts der Spannungen um seine Person nicht als möglicher Patriarch zur Verfügung stehe.

Vladislav Atanassov