Ukraine: OKU feiert ersten Jahrestag ihrer Gründung

19. Dezember 2019

Mit einem Festgottesdienst hat die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) den ersten Jahrestag ihrer Gründung gefeiert. An der Feier im St. Michaelskloster konzelebrierten Hierarchen der OKU und des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel mit dem Oberhaupt der OKU, Metropolit Epifanij (Dumenko) von Kiew. Ein Jahr zuvor, am 15. Dezember 2018, hatte in Kiew das sog. Vereinigungskonzil stattgefunden, an dem Delegierte der beiden zuvor unkanonischen orthodoxen Kirchen der Ukraine (Ukrainische Orthodoxe Kirche–Kiewer Patriarchat und Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche) die Gründung der OKU beschlossen und Epifanij zum Oberhaupt gewählt hatten.

In seiner Predigt dankte Epifanij allen, die zur Schaffung der OKU beigetragen haben, insbesondere dem Ökumenischen Patriarchat und dem früheren ukrainische Präsident Petro Poroschenko. Heute lasse sich sagen, dass die OKU wirklich bestehe und sich der Prozess ihrer Anerkennung fortsetze. „Zu Recht“ könne gesagt werden, dass die Kirche die „Seele des ukrainischen Volkes“ sei. Er erinnerte daran, dass die Türen der OKU allen offenstünden, und betonte die Bemühungen beim Aufbau der Kirche, die „Gott und dem ukrainischen Volk dienen wird“. Epifanij glaubt, dass sich „bald alle orthodoxen Ukrainer um den Kiewer Thron versammeln werden“.
Tags zuvor fand auch die erste Bischofsversammlung seit der Gründung der Kirche statt, an der alle Bischöfe der OKU teilnahmen. Die Bischöfe bestätigten dabei alle Entscheidungen des Hl. Synods im vergangenen Jahr. Trotz aller inneren und äußeren Herausforderungen schätzte Metropolit Epifanij das erste Jahr als erfolgreich ein. Die Einheit der neuen Kirche konnte bewahrt werden, zudem erhielt sie die Anerkennung von zwei weiteren orthodoxen Lokalkirchen, der Griechischen Orthodoxen Kirche und des griechisch-orthodoxen Patriarchats von Alexandrien. Außerdem seien mehrere Reformen, vor allem im Bereich der Liturgie, eingeführt und wichtige Kooperationen mit Jugendorganisationen etabliert worden.
Filaret (Denisenko), das frühere Oberhaupt der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat und heutiger Ehrenpatriarch der OKU, blieb der Bischofsversammlung fern. Aus Ärger über seine abgeschwächte Position in der OKU hatte er sich im Lauf des Jahres von der OKU distanziert und versucht, das Kiewer Patriarchat wiederzubeleben. Die Bischöfe riefen ihn auf, seine Selbstisolation zu beenden und sich mit ihnen zu versöhnen. Zudem hatte der Hl. Synod der OKU an seiner Sitzung vom 5. Dezember Filaret verschiedene Privilegien zugestanden. Für seine Verdienste bei der Schaffung einer unabhängigen ukrainischen Kirche erhielt er lebenslang das Recht in seiner jetzigen Residenz zu wohnen und in der Vladimir-Kathedrale in Kiew Liturgie zu feiern. Zu seiner finanziellen Absicherung wurde innerhalb der OKU eine Mission gegründet, finanziert durch die Vladimir-Kathedrale und Spenden. Mit diesen Beschlüssen will die OKU dem Vorwurf, Filaret loswerden zu wollen, entgegenwirken.
In einem Interview mit der Zeitung Ukrainskaja Pravda sagte Epifanij, es gebe „klare und gute Signale“ von mehreren orthodoxen Lokalkirchen in Bezug auf die Anerkennung der OKU. Mindestens drei oder vier Kirchen würden im nächsten Jahr seine Kirche anerkennen, glaubt Epifanij. Allerdings sei der Druck Moskaus auf anerkennungswillige Lokalkirchen immens. Die ROK habe viel dafür getan, die Anerkennung der OKU durch die Griechische Orthodoxe Kirche zu verhindern. Mit den Besuchen verschiedener, teils hochrangiger Delegationen und der Verteilung von Unterlagen gegen die OKU habe die ROK versucht, die griechischen Bischöfe zu beeinflussen.
Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios, der im Januar 2019 der OKU die Autokephalie verliehen hatte, betonte bei einer Feier zu Ehren des Hl. Spyridon auf der Insel Chalki die Bedeutung dieses Ereignisses auch für Konstantinopel. Das vergangene Jahr sei deshalb für Konstantinopel „besonders wichtig“ gewesen. Ungeachtet dessen, dass die Verleihung der Autokephalie umstritten gewesen sei und teils immer noch ist, sei sie inzwischen eine „kirchliche und historische Tatsache“. (NÖK)

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