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Das rechtliche Verbot der UOK als Chance für die Versöhnung der orthodoxen Kirchen in der Ukraine

28. August 2024

Sergii Bortnyk

In den letzten Wochen ist es im religiös-politischen Leben der Ukraine heiß hergegangen. Das folgenreichste Ereignis war zweifellos die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 8371 durch das ukrainische Parlament am 20. August. In seiner letzten Fassung trug es den Titel „Über den Schutz der Verfassungsordnung im Tätigkeitsbereich religiöser Organisationen“; informell wird es jedoch als „Gesetz über das Verbot der UOK (Ukrainischen Orthodoxen Kirche)“ bezeichnet.

Die Annahme des Gesetzes wurde von einer beträchtlichen Anzahl von Oppositionsabgeordneten gefordert, insbesondere von Vertretern der Fraktion Europäische Solidarität. Der Vorsitzende der Partei ist Petro Poroschenko, der ehemalige Präsident der Ukraine, der bei der Gründung der autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) im Jahr 2019 eine wichtige Rolle gespielt hat.

Am 23. Juli 2024 blockierten einige Abgeordnete aus Protest sogar die Tribüne des Parlaments, da ohne die Stimmen der Vertreter der Fraktion Diener des Volks der Gesetzentwurf nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden konnte. Daher legte das Parlament eine vierwöchige Sitzungspause ein, um den Gesetzesentwurf in einer für die Mehrheit der Abgeordneten akzeptablen Form fertig zu stellen. Bis zum Tag der Abstimmung wuchs die Unterstützung ausreichend an: 175 „Diener“ (von insgesamt 235) stimmten dafür. Dies war der Löwenanteil der Abgeordneten, die das Gesetz unterstützten. Die Abgeordneten aller anderen Fraktionen zusammengenommen gaben nur 92 Ja-Stimmen ab, so dass insgesamt 267 Abgeordnete das Gesetz unterstützten. Erforderlich waren mindestens 226 Stimmen. Bemerkenswert ist, dass die Annahme des Gesetzes von der Opposition gefordert wurde, aber die Mehrheit der Stimmen dafür von der Regierungspartei kam.

Die Unterstützung durch Diener des Volks war allerdings nicht überraschend, da Präsident Volodymyr Zelenskyj, der eng mit dieser Partei verbunden ist, einen Kurs der „spirituellen Unabhängigkeit“ verkündet hat. Seine Religionspolitik änderte sich bereits im Herbst 2022 mit der Ernennung von Viktor Yelenskyj zum neuen Leiter der für religiöse Angelegenheiten staatlichen Behörde (Staatsdienst für Ethnopolitik und Gewissensfreiheit, DESS). Den Ausdruck „spirituelle Unabhängigkeit“ verwendete Zelenskyj sowohl vor als auch nach der Verabschiedung des „Gesetzes über das Verbot der UOK“, was wahrscheinlich die Abgeordneten zu einer positiven Entscheidung ermutigte.

Die UOK wird im Gesetzestext nicht ausdrücklich genannt, aber aus der Analyse der sieben Merkmalen der „Zugehörigkeit“ (sie sind als Änderungen zum ukrainischen Gesetz „Über die Gewissensfreiheit und religiöse Organisationen“ formuliert) geht zweifelsfrei hervor, dass es – zwar ein wenig verschleiert – in erster Linie um die UOK geht. Insbesondere geht es um die „Ernennung, Wahl, Zustimmung, Bestätigung und Segnung des Leiters einer in der Ukraine tätigen religiösen Organisation“ oder die „Verabschiedung, Zustimmung, Bestätigung, Segnung und Genehmigung des Statuts einer in der Ukraine tätigen religiösen Organisation“. Entsprechend dem Statut der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) erfordern die Wahl eines neuen Vorstehers der UOK und die Bestätigung von Änderungen ihres Statuts eine solche Genehmigung durch den Moskauer Patriarchen.

Eine andere Formulierung einer solchen „Zugehörigkeit“ ist die „Unterordnung in kanonischen und/oder organisatorischen Angelegenheiten“ unter eine ausländische religiöse Organisation, „die die Möglichkeit hat, Einfluss auf Verwaltungsentscheidungen zu nehmen“. Obwohl diese beiden Begriffe zusammen verwendet werden, ist gerade die Unterscheidung zwischen „kanonisch“ und „organisatorisch“ für die weiteren Überlegungen entscheidend. Darauf baut auch die Argumentation der offiziellen Vertreter der UOK auf: Diese argumentieren, dass die UOK auf dem Konzil im Mai 2022 in Feofanija bei Kyjiw aus der Unterordnung unter die ROK herausgetreten ist, obwohl sie keine Autokephalie verkündet hat. Im Konzilsdekret wurde dies als „volle Selbstständigkeit und Unabhängigkeit“ formuliert.

Kritiker der Position der UOK erklären dagegen, dass die UOK nach dem Konzil zu keiner neuen Lokalkirche geworden und kanonisch ein Teil der ROK geblieben sei. Die Vertreter der UOK beteuern, dass sie sich aus der administrativen Unterordnung gelöst haben (und daher seit mehr als zwei Jahren keinerlei Anordnungen oder Empfehlungen des Moskauer Patriarchats befolgen). Es sollte hinzugefügt werden, dass die Einmischung des Staates in rein kirchliche Angelegenheiten (insbesondere Fragen der kanonischen Unterordnung der UOK unter das Moskauer Patriarchat) außerhalb der Zuständigkeit des Staates liegt, da gemäß Art. 35 der Verfassung der Ukraine die Kirche vom Staat getrennt ist.

Aus der Sicht der UOK sollte die Kirche daher nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fallen, da sie keine Handlungen unternommen hat, die ihre administrative (verwaltungsmäßige) Abhängigkeit von der Kirche in Russland bestätigen. Die Erlangung der kanonischen Unabhängigkeit (in Form der Gründung einer neuen autokephalen Kirche) ist ein äußerst kompliziertes Verfahren, das nicht allein vom Willen der UOK abhängt; es gibt vielmehr keinen eindeutigen, von allen orthodoxen Ortskirchen der Welt anerkannten Mechanismus. Hierbei sei daran erinnert, dass die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) fünf Jahre nach Erhalt des Tomos über die Autokephalie nur von vier der vierzehn Ortskirchen anerkannt worden ist. Die Orthodox Church in America (OCA) hat auch nach 50 Jahren keine allgemeine Anerkennung ihres Autokephalie erreicht – bis heute ist sie in den Augen des Ökumenischen Patriarchats und einer Reihe anderer Ortskirchen ein integraler Bestandteil der ROK, obwohl diese der OCA bereits 1970 die Autokephalie verliehen hatte.

Das Konzil von Kreta 2016, das als „panorthodoxes“ Konzil geplant war, war nicht in der Lage, ein Dokument über das Verfahren zum Erhalt der Autokephalie für eine neue Kirche zu verabschieden, das das Prinzip der Konziliarität bei der Entscheidung über die Entstehung einer neuen Ortskirche bestätigt hätte. Daher ist die derzeitige Norm eher eine Vereinbarung darüber, dass das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel befugt ist, einer neuen Kirche die Autokephalie zu gewähren – und danach kann die Annahme dieser Entscheidung durch andere Ortskirchen erfolgen. Konstantinopel hat auch das Recht, Anrufungen von Klerikern aus anderen Ortskirchen anzunehmen – davon macht es jetzt aktiv Gebrauch, wenn es den Status von Klerikern wiederherstellt, die wegen ihrer Antikriegshaltung in der ROK geächtet sind. Generell lässt sich davon ausgehen, dass die Bedeutung Konstantinopels bei der Förderung des Friedens und der Lösung von Auseinandersetzungen innerhalb der orthodoxen Welt in letzter Zeit allmählich zugenommen hat.

Diese Befugnisse Konstantinopels sind heute auch von großer Bedeutung für die Lösung der ukrainischen Frage. Das vom Ökumenischen Patriarchat auf Geistliche aus nicht-kanonischen Jurisdiktionen in der Ukraine angewandte Prinzip der oikonomia hat dazu beigetragen, sie in ihrem „bestehenden Amt“ aufzunehmen, so dass die Gründung der autokephalen OKU zum Jahreswechsel 2018/19 möglich wurde. Damals lehnte die Führung der UOK derartige Befugnisse Konstantinopels ab und bezeichnete das Vorgehen als Einmischung in die Angelegenheiten einer „anderen Ortskirche“.

Streng genommen war mit dieser „anderen Kirche“ das Moskauer Patriarchat gemeint, und das Gebiet der Ukraine wurde als Teil des kanonischen Territoriums der ROK betrachtet. Heute jedoch, glaube ich, dass viele Kleriker und Gläubige der UOK gerne einer akzeptablen kanonischen Lösung zustimmen würden, um mit dem „leitenden Zentrum im Aggressorstaat“ zu brechen, das den Krieg gegen die Ukraine absegnet (dies ist heute die übliche juristische Formulierung, um die Verbindung der UOK mit der russischen Kirche zu beschreiben). Aber es fehlt ein Mechanismus, mit dem dies erreicht werden könnte. Deshalb könnte die Anerkennung Konstantinopels als Schiedsrichter und dessen Wunsch, den Konflikt zwischen den Orthodoxen in der Ukraine zu lösen, der UOK helfen, aus ihrer schwierigen kanonischen Lage herauszukommen.

Die einfachste Lösung, die sowohl von Regierungsvertretern als auch von Aktivisten aktiv vorangetrieben wird, wäre der Bruch mit dem Moskauer Patriarchat und die Eingliederung der UOK in die Struktur der OKU, die bereits einen autokephalen Status hat. Viktor Yelenskyj, der Leiter des Staatsdienstes für Ethnopolitik und Gewissensfreiheit (DESS), erklärte nach der Verabschiedung des Gesetzes zum Verbot der UOK, dass er „ein Modell entwerfen kann, bei dem niemand gedemütigt oder beleidigt wird, bei dem es keine Gewinner und Verlierer gibt, und bei dem jeder seine Position behält“, wenn Metropolit Onufrij (Berezovskij) auf ihn zukomme. Aber immer unter der Bedingung, dass die UOK in die Struktur der OKU eingeht.

Diese Option wird auch von der OKU selbst aktiv begrüßt: Ihre Führung unterstützt das gesetzliche Verbot der UOK, in Bezug auf Konstantinopels Befugnisse erklärte sie jedoch: „Wir sind euch für eure Unterstützung in der Gründungsphase der OKU dankbar, aber jetzt ist die Ukraine unser kanonisches Territorium, und ihr habt kein Recht, euch in unsere Angelegenheiten einzumischen.“ Das Problem ist jedoch, dass diese Option für die Führung der UOK inakzeptabel ist. Aus ihrer Sicht ist die OKU weiterhin eine kanonisch nicht vollwertige Struktur mit teilweise illegalen Weihen von Bischöfen und Priestern. Deshalb ist für sie der Beitritt zur OKU eine Abkehr von grundlegenden Prinzipien der kanonischen Ordnung.

Gibt es noch eine andere Möglichkeit, die der UOK aufgrund desselben Prinzips der oikonomia helfen könnte, aus ihrer schwierigen kanonischen Situation herauszukommen? Ich denke, ja. Sie besteht darin, Konstantinopel in die notwendigen Änderungen des kanonischen Status der UOK einzubeziehen. Wichtig ist, dass der Dialog hierbei nicht zwischen der UOK und der OKU, sondern zwischen der UOK und dem Ökumenischen Patriarchat geführt werden sollte. Ich sehe zwei wichtige Anzeichen dafür, dass dieser Weg für möglich gehalten wird, insbesondere von der ukrainischen Staatsführung.

Erstens gibt es aktive Kontakte mit dem Ökumenischen Patriarchat. So sprach Präsident Zelenskyj in den letzten Tagen nicht nur gegenüber der breiten ukrainischen Öffentlichkeit, sondern auch persönlich mit Patriarch Bartholomaios über die Notwendigkeit der „spirituellen Unabhängigkeit“ – sowohl vor als auch nach der Verabschiedung des Gesetzes zum Verbot der UOK, persönlich wie in Telefongesprächen. In der letzten Zeit besuchten ukrainische Offizielle mehrfach Konstantinopel, und einige Tage vor dem ukrainischen Unabhängigkeitstag am 24. August reiste eine Delegation von bevollmächtigten Hierarchen aus Konstantinopel in die Ukraine. Sie hielt eine Reihe von Treffen mit Vertretern verschiedener orthodoxer Jurisdiktionen ab, darunter mit Metropolit Onufrij und einigen UOK-Metropoliten, die ständige Mitglieder des Hl. Synods sind, d. h. zur obersten Machtebene der UOK gehören. Einige parteiische ukrainische Medien verkündeten vorschnell, dass das Treffen ergebnislos verlaufen sei. Doch schon bald zweifelten einige ausländische Medien, die zunächst die Berichte übernommen hatten, an der Richtigkeit dieser Einschätzung, was auch direkte Teilnehmer der Verhandlungen bestätigten. Allein die Tatsache eines solchen Treffens, nach fast sechs Jahren ohne offizielle Kontakte zwischen der UOK und dem Ökumenischen Patriarchat, und die Bereitschaft der UOK, diesen Dialog fortzusetzen, sind bereits ein bedeutender Erfolg.

Das zweite Anzeichen für die Suche nach einer Lösung für den kanonischen Status der UOK findet sich im Text des Gesetzes Nr. 8371. In den „Schluss- und Übergangsbestimmungen“ findet sich eine wichtige Bemerkung bezüglich des Zeitpunkts zur Einführung von Änderungen in Verwaltungsverfahren, d.h. des Beginns von Gerichtsverfahren gegen die Strukturen der UOK: dieser beträgt neun Monate. In den vorangegangenen Phasen der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs war man davon ausgegangen, dass das Gesetz am Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft treten würde. Das bedeutet, dass der UOK und anderen betroffenen Parteien entsprechend dem Gesetz weitere neun Monate bleiben, bevor Gerichtsverfahren eingeleitet werden.

Was kann das Ökumenische Patriarchat tun, um ein gesetzliches Verbot der UOK zu vermeiden, das angesichts der Sorge um eine Verletzung der Religionsfreiheit in der Ukraine bereits zu einem weltweiten Skandal wird? Bekanntermaßen wurde mit der Verleihung des Autokephalie-Tomos entschieden, dass die Ukraine nicht mehr zum Territorium des Moskauer Patriarchats gehört – damit hat Konstantinopel sein Recht auf kanonische Maßnahmen zur Lösung des Konflikts erklärt. Ich habe eingangs bereits die Ausdehnung der Autorität des Ökumenischen Patriarchats und seine Rezeption in jüngster Zeit erwähnt – sogar in der Ukraine, die von den Rigoristen als ausschließliches kanonisches Territorium der heutigen OKU betrachtet wird. Doch das Prinzip der oikonomia, das bereits bei der Gründung der OKU zur Anwendung kam, sieht die Möglichkeit vor, dass Konstantinopel in die Angelegenheiten der orthodoxen Gläubigen in der Ukraine eingreift, wenn dies dem Gemeinwohl der Kirche dient.

In den letzten Tagen haben Kritiker der UOK im Zusammenhang mit dem Besuch der Delegation aus Konstantinopel wiederholt erklärt, dass eine Intervention Konstantinopels unmöglich sei, die Gewährung eines zweiten Tomos über die Autokephalie für die Orthodoxen der Ukraine absurd sei und so weiter. Aber das Wohl der UOK als einer der großen orthodoxen Kirchen, wenn auch mit einem so unklaren kanonischen Status, gibt das Recht zu einer solchen Intervention. Dies könnte durch direkte Kontakte zwischen dem Ökumenischen Patriarchat und der UOK erreicht werden. Die minimale mögliche Form wäre, denjenigen Pfarrgemeinden oder Eparchien der UOK, die endgültig mit dem Moskauer Patriarchat brechen, aber nicht der OKU beitreten möchten, den Status eines vorübergehenden Exarchats zu gewähren. Im Idealfall, wenn die Verhandlungen mit der Leitung der UOK konstruktiv verlaufen, könnte dies eine Chance für die UOK sein, ihre Struktur in der Ukraine zu erhalten. Wenn die Verhandlungen nicht in die gewünschte Richtung gehen, dann könnte zusammen mit dem Verbot der rechtlichen Existenz der UOK als integraler Struktur die Schaffung eines zeitweiligen Exarchats (faktisch könnte es eine Erweiterung der Befugnisse des bereits bestehenden Exarchen, Bischof Michail Anischtschenko von Koman, sein) eine Gelegenheit für den patriotisch gesinnten Teil der UOK sein, sich endgültig und mit reinem Herzen von der kanonischen Unterordnung unter das Moskauer Patriarchat loszusagen.

Ob eine solche Entwicklung möglich ist, ist schwer zu sagen. Zugleich ist jedoch offensichtlich, dass es angesichts des andauernden langen und blutigen Kriegs mit Russland moralisch unmöglich ist, in der Ukraine Teil des Moskauer Patriarchats zu bleiben. Auf ihrem Konzil im Mai 2022 hat die UOK bereits einen wichtigen Schritt getan – sie hat sich von der administrativen Unterordnung unter ihr Zentrum in Moskau losgesagt. Der nächste Schritt besteht darin, ihren kanonischen Status zu ändern, was ohne das Eingreifen des Ökumenischen Patriarchats unmöglich ist.

Ist es das Risiko wert, dieses hehre Ziel der kirchlichen Versöhnung in der Ukraine zu erreichen, indem der UOK ein neuer kanonischer Status verliehen wird? Die statistischen Zahlen zeigen, dass dies sicherlich der Fall ist. Denn zwischen der Wahrnehmung der Situation im öffentlichen Bewusstsein und den realen Zahlen der Statistik besteht ein deutlicher Unterschied. Einerseits ist die Wahrnehmung der UOK im öffentlichen Bewusstsein der Ukraine ziemlich negativ. Laut einer Umfrage des Razumkov-Zentrums vom November 2023[1] ordnete sich die überwiegende Zahl derjenigen, die sich als orthodox betrachten, der OKU zu (69,4 Prozent), während der Anteil der Anhänger der „UOK (Moskauer Patriarchat)“ nur 9,2 Prozent betrug. Drei Jahre zuvor war das Verhältnis laut einer ähnlichen Umfrage deutlich anders: 32,2 Prozent unterstützten die OKU und 21,9 Prozent die UOK. Das heißt, dass aufgrund des Krieges und der Herausbildung eines zivilen Bewusstseins die Unterstützung für die UOK deutlich zurückgegangen ist und nun 7,5-mal geringer ist als die Unterstützung für die OKU. Es ist jedoch anzumerken, dass diese Zahlen die Sympathien der Gesellschaft gegenüber den beiden Jurisdiktionen ausdrücken, aber nicht die Zahl ihrer tatsächlichen Mitglieder.

Die Daten über die tatsächliche Mitgliedschaft werden von den staatlichen Statistiken angegeben. Und auch hier muss man an den administrativen Druck der lokalen Behörden und der öffentlichen Meinung in den letzten Jahren denken, der die Zahlen bereits erheblich zugunsten der OKU beeinflusst hat. Die jüngsten Zahlen beziehen sich auf den 1. Januar 2024. Trotz des Krieges und verschiedener Formen des Drucks übertrifft die UOK weiterhin die OKU, was die Gesamtzahl der religiösen Organisationen angeht. Insgesamt umfasste sie 10‘919 Organisationen, während die OKU 8‘295 Organisationen zählte. Betrachtet man die Zahlen nach Regionen, so sind sie noch auffälliger: Was die Zahl der Pfarrgemeinden betrifft, so überwiegt die OKU nur in sechs Gebieten der Ukraine, vor allem in der Westukraine und insbesondere in Galizien. Die UOK hingegen überwiegt in 18 Gebieten. In einigen Grenzgebieten übertrifft die UOK die OKU um das Drei- bis Vierfache (dies sind die Gebiete Sumy, Charkiv und Tschernihiv). Leider veröffentlicht die staatliche Statistik seit zwei Jahren keine Daten mehr über die Zahl der Geistlichen, aber es ist bekannt, dass die UOK mindestens doppelt so viele Geistliche hat wie die OKU.

In Anbetracht dieser Statistiken und der Position der ukrainischen Staatsführung von der Notwendigkeit, „zu den Grenzen von 1991 zurückzukehren“, würden ein bedingungsloses Verbot und eine Verfolgung der UOK der nationalen Sicherheit eher schaden als nützen. So wie es dem vorherigen Präsidenten Poroschenko gelungen ist, den Tomos über die Autokephalie für die OKU zu erhalten, kann man auf positive Veränderungen im kanonischen Status der UOK in naher Zukunft hoffen. Aus einer Reihe von Gründen kann die UOK das nicht selbst schaffen. Aber mit der Mitwirkung, Unterstützung und ein wenig Druck der staatlichen Behörden der Ukraine und Konstantinopels als oberstem Schiedsrichter in der orthodoxen Welt scheint diese Hoffnung nicht illusorisch.

Sergii Bortnyk, Direktor der gemeinnützigen Stiftung „Akademische Initiative“ in Kyjiw.

Übersetzung aus dem Russischen: Natalija Zenger.

 

[1] Ukraïns’ke suspil’stvo, deržava i Cerkva pid čas vijny. Cerkovno-religijna sytuacija v Ukraïni 2023 (informacijni materiali). Kyjiw 2023.