Georgien: Orthodoxe Kirche gegen Liberalisierung der Drogenpolitik
28. Juni 2018
Die Georgische Orthodoxe Kirche (GOK) hat sich gegen eine „Liberalisierung“ von Drogen in Georgien ausgesprochen. Der Hl. Synod forderte vielmehr strenge Strafen für Drogenhandel, befürwortete aber zugleich die therapeutische Behandlung von Drogenkranken. Man ziehe in Betracht, orthodoxen Christen, die an einer Überdosis sterben, die entsprechenden religiösen Rituale zu verwehren. Mit Blick auf ein laufendes Gerichtsverfahren, der die aktuellen Bußen für den Besitz von weniger als 70 Gramm Cannabis infrage stelle, warnte die GOK davor, dass ein Urteil in diesem Sinn eine „de facto Legalisierung“ von Cannabis in Georgien bedeuten würde. Eine daraus folgende legale Kultivierung von Cannabis sei „absolut inakzeptabel“.
Tatsächlich setzt sich die Partei Girchi, die nicht im Parlament vertreten ist, dafür ein, jegliche Strafen für den Gebrauch von Cannabis – eine Buße von rund 200 Euro oder ein bis sechs Monate Strafarbeit – abzuschaffen. Zudem vertritt die NGO Human Rights Education and Monitoring Centre neun Kläger vor Gericht, die argumentieren, ihre Haftstrafen für den Erwerb und Besitz von Drogen zum Eigengebrauch seien unverhältnismäßig, da sie sich nur selber geschadet hätten.
Die GOK wehrt sich gegen den Vorwurf, sie befürworte Haftstrafen für Drogenabhängige, denn sie unterstütze deren Behandlung und Rehabilitation. Eine bessere Information der Öffentlichkeit über „gesunde Lebensstile“ sei jedoch nötig, und die „härteste Strafverfolgung von Drogenhändlern sollte ein integraler Bestandteil der Liberalisierung des Drogenkonsums sein“. Die Kirche kritisierte auch einen Entscheid des Verfassungsgerichts, der 2015 eine Haftstrafe für den Besitz von bis zu 70 Gramm Cannabis für den Eigengebrauch als zu hart und verfassungswidrig einschätzte.
Eine Reform der Drogengesetzgebung hat sowohl im Justiz- wie auch im Gesundheitsbereich Befürworter. So plädierte die Pflichtverteidigerin Nino Lomjaria öffentlich dafür, weil die langjährige repressive Drogenpolitik nicht zum Rückgang des Drogenkonsums geführt habe. Die Regierungspartei Georgischer Traum ist in der Frage zwar gespalten, plant aber dennoch, den Konsum zu entkriminalisieren, während die Maßnahmen gegen Drogenhandel streng bleiben sollen. Befürworter einer Reform argumentieren damit, dass Georgien im Vergleich mit Europa eine ausgesprochen strenge Drogenpolitik habe, so verbüßt jeder Dritte Gefängnisinsasse eine Strafe im Zusammenhang mit Drogen.
Die repressive Drogenpolitik kann dabei auch als Mittel dienen, um politisch Missliebige zu kriminalisieren. Aufgrund von der Polizei untergeschobenen Drogen könnten Betroffene nicht nur weggesperrt, sondern auch öffentlich diffamiert werden, erklärte Giorgi Kikonischwili, ein georgischer Aktivist. Die Polizei nutze die strengen Gesetze, um die Bevölkerung unter Kontrolle zu halten, glaubt auch Davit Otiaschwili, der Leiter der Forschungsorganisation für Drogenabhängigkeit Alternatives Georgien. Für minimale Drogenrückstände könnten Drogenkonsumenten ins Gefängnis geschickt oder dank der Einwilligung, als Informanten zu arbeiten, davor bewahrt werden. Die Polizei nutze diese Instrumente sehr geschickt, so Otiaschwili weiter.
Immer wieder kommt es in Georgien in diesem Zusammenhang zu Protesten, so auch im Mai 2018, als nach einer Drogenrazzia zwei Nachtclubs in Tbilisi geschlossen werden sollten. Tausende junger Georgier demonstrierten vor dem Regierungsgebäude gegen die ihrer Ansicht nach unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt durch die Polizei sowie die repressive Politik. Offenbar ging es nicht wirklich um Drogenhandel, denn die angeblichen Dealer waren bereits vor den Razzien außerhalb der Clubs festgenommen worden. Der georgische Innenminister entschuldigte sich schließlich bei den Demonstranten für das Vorgehen der Polizei und kündigte Diskussionen über eine Reform der Drogengesetze an.
Die Demonstrationen riefen jedoch auch konservative und religiöse Gruppierungen auf den Plan, die sich zum Gegenprotest versammelten. Sie protestierten gegen „dekadente Ideen aus dem Ausland“, gegen „Schwulenpropaganda“ und die „Förderung von Drogenkonsum“. Die Polizei hatte Mühe, die ultrarechten Demonstranten von den liberalen Protestierenden getrennt zu halten und Ausschreitungen zu verhindern. Die Proteste spiegeln die Spaltung der georgischen Gesellschaft wider, laut einer Umfrage beschreiben sich 80 Prozent der Georgier als sehr konservativ und religiös. Die anderen 20 Prozent sind meist jung und gut ausgebildet. Viele von ihnen haben sich Aktivistengruppen zur Liberalisierung Georgiens angeschlossen und sind zugleich eng mit der Club- und Musikszene verbunden; die Nachtclubs gelten als Horte von LGBT- und Frauenrechten sowie politisch progressiven Meinungen.
Das georgische Patriarchat hatte zu den Protesten ein Statement veröffentlicht, in dem es die liberalen Demonstranten dazu aufrief, von „Konfrontationen abzusehen, damit sie nicht Teil einer ernsten Provokation werden“. Die Aussagen und das Verhalten der jungen Menschen habe eine negative Wirkung gehabt und Gründe für eine Gegendemonstration geliefert, hieß es in dem Statement weiter. Der georgische Patriarch Ilia jedoch hatte sich zuvor für eine „tolerantere“ Drogenpolitik ausgesprochen. In seiner letzten Weihnachtsbotschaft rief er die Regierung dazu auf, mehr für die Drogenprävention zu tun. Er bezeichnete Drogenabhängigkeit als Krankheit und forderte die Georgier und die Regierung dazu auf, Drogenabhängigen gegenüber toleranter zu sein. (NÖK)
Tatsächlich setzt sich die Partei Girchi, die nicht im Parlament vertreten ist, dafür ein, jegliche Strafen für den Gebrauch von Cannabis – eine Buße von rund 200 Euro oder ein bis sechs Monate Strafarbeit – abzuschaffen. Zudem vertritt die NGO Human Rights Education and Monitoring Centre neun Kläger vor Gericht, die argumentieren, ihre Haftstrafen für den Erwerb und Besitz von Drogen zum Eigengebrauch seien unverhältnismäßig, da sie sich nur selber geschadet hätten.
Die GOK wehrt sich gegen den Vorwurf, sie befürworte Haftstrafen für Drogenabhängige, denn sie unterstütze deren Behandlung und Rehabilitation. Eine bessere Information der Öffentlichkeit über „gesunde Lebensstile“ sei jedoch nötig, und die „härteste Strafverfolgung von Drogenhändlern sollte ein integraler Bestandteil der Liberalisierung des Drogenkonsums sein“. Die Kirche kritisierte auch einen Entscheid des Verfassungsgerichts, der 2015 eine Haftstrafe für den Besitz von bis zu 70 Gramm Cannabis für den Eigengebrauch als zu hart und verfassungswidrig einschätzte.
Eine Reform der Drogengesetzgebung hat sowohl im Justiz- wie auch im Gesundheitsbereich Befürworter. So plädierte die Pflichtverteidigerin Nino Lomjaria öffentlich dafür, weil die langjährige repressive Drogenpolitik nicht zum Rückgang des Drogenkonsums geführt habe. Die Regierungspartei Georgischer Traum ist in der Frage zwar gespalten, plant aber dennoch, den Konsum zu entkriminalisieren, während die Maßnahmen gegen Drogenhandel streng bleiben sollen. Befürworter einer Reform argumentieren damit, dass Georgien im Vergleich mit Europa eine ausgesprochen strenge Drogenpolitik habe, so verbüßt jeder Dritte Gefängnisinsasse eine Strafe im Zusammenhang mit Drogen.
Die repressive Drogenpolitik kann dabei auch als Mittel dienen, um politisch Missliebige zu kriminalisieren. Aufgrund von der Polizei untergeschobenen Drogen könnten Betroffene nicht nur weggesperrt, sondern auch öffentlich diffamiert werden, erklärte Giorgi Kikonischwili, ein georgischer Aktivist. Die Polizei nutze die strengen Gesetze, um die Bevölkerung unter Kontrolle zu halten, glaubt auch Davit Otiaschwili, der Leiter der Forschungsorganisation für Drogenabhängigkeit Alternatives Georgien. Für minimale Drogenrückstände könnten Drogenkonsumenten ins Gefängnis geschickt oder dank der Einwilligung, als Informanten zu arbeiten, davor bewahrt werden. Die Polizei nutze diese Instrumente sehr geschickt, so Otiaschwili weiter.
Immer wieder kommt es in Georgien in diesem Zusammenhang zu Protesten, so auch im Mai 2018, als nach einer Drogenrazzia zwei Nachtclubs in Tbilisi geschlossen werden sollten. Tausende junger Georgier demonstrierten vor dem Regierungsgebäude gegen die ihrer Ansicht nach unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt durch die Polizei sowie die repressive Politik. Offenbar ging es nicht wirklich um Drogenhandel, denn die angeblichen Dealer waren bereits vor den Razzien außerhalb der Clubs festgenommen worden. Der georgische Innenminister entschuldigte sich schließlich bei den Demonstranten für das Vorgehen der Polizei und kündigte Diskussionen über eine Reform der Drogengesetze an.
Die Demonstrationen riefen jedoch auch konservative und religiöse Gruppierungen auf den Plan, die sich zum Gegenprotest versammelten. Sie protestierten gegen „dekadente Ideen aus dem Ausland“, gegen „Schwulenpropaganda“ und die „Förderung von Drogenkonsum“. Die Polizei hatte Mühe, die ultrarechten Demonstranten von den liberalen Protestierenden getrennt zu halten und Ausschreitungen zu verhindern. Die Proteste spiegeln die Spaltung der georgischen Gesellschaft wider, laut einer Umfrage beschreiben sich 80 Prozent der Georgier als sehr konservativ und religiös. Die anderen 20 Prozent sind meist jung und gut ausgebildet. Viele von ihnen haben sich Aktivistengruppen zur Liberalisierung Georgiens angeschlossen und sind zugleich eng mit der Club- und Musikszene verbunden; die Nachtclubs gelten als Horte von LGBT- und Frauenrechten sowie politisch progressiven Meinungen.
Das georgische Patriarchat hatte zu den Protesten ein Statement veröffentlicht, in dem es die liberalen Demonstranten dazu aufrief, von „Konfrontationen abzusehen, damit sie nicht Teil einer ernsten Provokation werden“. Die Aussagen und das Verhalten der jungen Menschen habe eine negative Wirkung gehabt und Gründe für eine Gegendemonstration geliefert, hieß es in dem Statement weiter. Der georgische Patriarch Ilia jedoch hatte sich zuvor für eine „tolerantere“ Drogenpolitik ausgesprochen. In seiner letzten Weihnachtsbotschaft rief er die Regierung dazu auf, mehr für die Drogenprävention zu tun. Er bezeichnete Drogenabhängigkeit als Krankheit und forderte die Georgier und die Regierung dazu auf, Drogenabhängigen gegenüber toleranter zu sein. (NÖK)