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Russland: Kirill befürwortet modernes Russisch als Liturgiesprache

09. Januar 2020

Der russische Patriarch Kirill möchte modernes Russisch anstelle von Kirchenslawisch in der Liturgie für Gemeinden erlauben, die dies wünschen. Einen umfassenden Wechsel der Liturgiesprache hält er jedoch nicht für sinnvoll. Kirill begründete seine Position mit den veränderten Bedürfnissen der Gläubigen, die vermehrt die Inhalte der Gottesdienste verstehen möchten.

An der jährlichen Versammlung der Eparchie Moskau am 20. Dezember 2019 erinnerte Kirill an die 1990er Jahre, als zahlreiche Menschen ohne große Bemühungen seitens der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) in die Kirchen geströmt seien. Damals sei es vor allem darum gegangen, allen Gläubigen Aufmerksamkeit zu schenken und auf ihre drängendsten Fragen und Bedürfnisse einzugehen. Seither habe sich das Wachstum der Gemeinden jedoch verlangsamt und die „Erwartungen der Gemeindemitglieder verändert“. Diese seien „in einem guten Sinn fordernder geworden“. Heute strebten die Gemeindemitglieder danach, „aktiv am Gottesdienst teilzunehmen“ und „seinen Sinn zu begreifen“.

In Gesprächen mit Geistlichen der Eparchie seien die Schwierigkeiten der Gläubigen, den Gottesdienst zu verstehen, ein wichtiges Thema. Dabei werde immer wieder der Vorschlag geäußert, alle Bestandteile der Liturgie in modernes Russisch zu übersetzen. Ein solches Vorgehen sei jedoch nicht für angemessen. Die Hauptschwierigkeit liegt nach Ansicht des Patriarchen nicht an der Sprache, sondern an den komplexen Inhalten, weshalb Erklärungen durch Geistliche nötig seien. In einigen Kirchen würden daher gelegentlich liturgische Texte mit einer parallelen russischen Version und Erläuterungen zum Mitlesen abgegeben, was Kirill befürwortet. Zudem hält er es für möglich, in den Gemeinden, die dazu bereit seien, die schwierigsten Texte auf Russisch vorzutragen. Zentral sei dabei, auf die Bedürfnisse der Gemeinden einzugehen; einige würden dankbar auf diese Neuerungen reagieren, während andere sie ablehnten. Das „Hauptziel des Geistlichen“ sei nicht, etwas seiner Meinung nach „theoretisch Richtiges umzusetzen“, sondern den „Gemeindemitgliedern zu helfen“.

In seiner wöchentlichen Sendung „Kirche und Welt“ auf Rossija-24 griff auch Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, die Frage auf. In der ROK gebe es dazu eine Vielzahl an Meinungen, die Befürworter einer „Russifizierung des Gottesdienstes“ seien bisher aber eine kleine Minderheit. Er lehne überstürzte Änderungen ab. Veränderungen der Liturgie, wenn sie tatsächlich nötig seien, müssten „sehr vorsichtig umgesetzt“ werden, mahnte Ilarion. (NÖK)