Russland: Kirchliche Repräsentanten sprechen sich für Covid-19-Impfung aus
Vertreter der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) befürworten eine Impfung gegen das Coronavirus, betonen dabei aber die Wahlfreiheit jedes einzelnen Menschen. Zu diesem Schluss kamen die Teilnehmenden eines Runden Tischs mit dem Titel „Impfung: ethische Aspekte im Licht der orthodoxen Glaubenslehre“, unter ihnen Vertreter der Interkonziliaren Präsenz der ROK, Fachleute aus Medizin und Biologie und Vertreter der orthodoxen Gemeinschaft. An dem Treffen wurden verschiedene Aspekte wie (Nicht-)Diskriminierung, Fehlinformationen und Verschwörungstheorien sowie die Verwendung von Embryozellkulturen besprochen.
Im Dokument, das am Runden Tisch verabschiedet wurde, verwiesen die Teilnehmenden auf die historische Erfahrung der ROK mit Impfungen. So habe der Hl. Synod 1804 den Hierarchen und Geistlichen empfohlen, der Bevölkerung den Nutzen der Impfung gegen Pocken zu erklären. Die Ablehnung einer Impfung dürfe nicht mit der orthodoxen Glaubenslehre begründet werden, die Entscheidung für oder gegen eine Impfung sei die „individuelle Entscheidung jedes Menschen“. Daher befolge die ROK die „Prinzipien des Schutzes der Wahlfreiheit des Menschen beim Nutzen oder Nichtnutzen neuer und schnell entwickelter Technologien, darunter im Bereich der Medizin“ und das gelte auch für die Covid-19-Impfung. In diesem Sinn warnten die Teilnehmer vor „jeglichen Formen offener oder versteckter Segregation von Menschen“, die die Impfung ablehnen.
Die „Verbreitung von falschen Lehren, die die Impfung mit dem ‚Empfang des Zeichens des Antichristen‘ gleichsetzen“, und von Verschwörungstheorien über die Einsetzung von Chips mithilfe der Impfung verurteilten die Teilnehmer des Runden Tischs als „unzulässig und frevlerisch“. In der kirchlichen Gemeinschaft sorge allerdings für Betroffenheit, dass bei der Entwicklung von Impfstoffen Zellkulturen aus menschlichen Embryos verwendet würden, die von Abtreibungen stammten. In ihrer Sozialkonzeption hatte die ROK die Verwendung von Gewebe abgetriebener Embryos zur Heilung von Krankheiten abgelehnt. In den Impfstoffen selbst seien aber keine embryonalen Zellen enthalten, und die erwähnten Zellkulturen würden seit vielen Jahren verwendet. Diese würden auch bei der Entwicklung vieler Impfungen und anderer medizinischer Präparate zum Testen verwendet. Angesichts dessen schlugen die Teilnehmenden vor, die Pharmaunternehmen sollten alternative Technologien suchen.
Abschließend erklärten die Teilnehmenden, dass angesichts einer fehlenden Alternative und der Gefahr durch das Coronavirus der Impfstoff trotz des Einsatzes von embryonalen Zellkulturen verwendet werden könne, ohne dass sich die geimpfte Person der Sünde der Abtreibung schuldig mache. Sollte es eine Auswahl zwischen Stoffen geben, die mithilfe oder ohne Zellkulturen entwickelt wurden, sei letzterer als der „ethischere“ vorzuziehen.
Im März kam die Orthodoxe Theologische Gesellschaft in Amerika zu einem ähnlichen Schluss. Sie betonte in ihrem Dokument, dass die verwendeten Zellkulturen von Abtreibungen aus den 1960er und 1970er Jahren stammten und nicht zu medizinischen Forschungszwecken gewonnen worden seien. Die vielen Leben, die dank Impfstoffen gerettet werden könnten, seien ein gewichtiges Argument für die Verwendung von embryonalen Zellkulturen. Einige orthodoxe Bischöfe lehnen jedoch Impfstoffe, die mithilfe embryonaler Zellkulturen entwickelt wurden, strikt ab. (NÖK)