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Russland: Chorauftritt in Isaakskathedrale stößt auf Kritik

07. März 2019

Ein Auftritt des St. Petersburger Konzertchors in der Isaakskathedrale hat aufgrund seiner Liedauswahl verbreitet Protest hervorgerufen. Zum Tag des Vaterlandverteidigers am 23. Februar präsentierte der Chor ein Lied des sowjetischen Chansonniers Andrej Koslovskij, in dem ein U-Boot mit Atombomben Kurs auf Washington nimmt. Erzpriester Andrej Kurjajev wies darauf hin, dass das Lied in sowjetischen Zeiten als „Satire auf die sowjetische Propaganda“ verstanden wurde. Heute aber sei es – insbesondere in einer so ernsthaften Darbietung – „unmöglich“ das Stück „als Scherz“ aufzufassen.

Das auf YouTube veröffentlichte Video des Auftritts verbreitete sich schnell in den sozialen Netzwerken und rief verbreitet Kritik hervor. Das 1980 geschriebene Stück war ursprünglich satirisch gemeint und verwies humoristisch auf die Arbeit, die sowjetische Soldaten für einen mickrigen Lohn leisteten. In der aktuellen Situation gestiegener Spannungen zwischen den USA und Russland angesichts der Kündigung des INF-Abkommens traf die Darbietung jedoch einen Nerv. Wenige Tage vor dem Feiertag hatte der russische Präsident Vladimir Putin zudem in einer Ansprache zur Lage der Nation die neuen russischen Hi-Tech-Nuklearwaffen gepriesen. Russland sei bereit, effektiv auf nukleare Drohungen aus den USA zu reagieren.

Die St. Petersburger Eparchie der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) erklärte in einer offiziellen Stellungnahme, Chöre träten regelmäßig in der Isaakskathedrale auf, was bei einer angemessenen Musikauswahl kein Problem sei. Dieses Programm eines bekannten Chors sei jedoch „ziemlich überraschend“ und die Auswahl des Aufführungsorts „eindeutig unpassend“. Die ROK bedaure, dass ein solches Ereignis ausgerechnet in der Isaakskathedrale stattgefunden habe.

Der Direktor des St. Petersburger Konzertchors, Vladimir Beglezov, verteidigte die Auswahl damit, dass das Lied „witzig und fröhlich“ sei. Der Vorwurf einer „politischen Anspielung“ sei „ungerecht und nicht wahr“. Dem Publikum habe das Lied gefallen, es habe stehende Ovationen gegeben. Der Pressesprecher des Museumskomplexes, zu dem die Kathedrale gehört, sagte, das Stück sei „wirklich unpassend“ gewesen. Die Museumsdirektion erwarte eine Erklärung der Chorleitung.

2017 waren Pläne bekannt geworden, dass die Isaakskathedrale, die in erster Linie als Museum dient, der ROK übertragen werden sollte. Dagegen war es zu verbreiteten Protesten gekommen. Inzwischen ist Anordnung des St. Petersburger Komitees für Eigentum, das die Übergabe regeln sollte, abgelaufen. Sollte die ROK einen neuen Antrag auf den Transfer der Kathedrale stellen, könne eine neue Anordnung erlassen werden. Es ist nicht bekannt, ob die Kirche einen neuen Antrag stellen möchte. (NÖK)