Ungarn: Bischof sieht rote Linien humaner Gesellschaft in Gefahr
26. Oktober 2017
Nach teils gewaltsamen Protesten gegen eine Hilfsaktion für Flüchtlinge in einem Dorf in Ungarn rufen Stimmen aus der katholischen Kirche und der Zivilgesellschaft zur Verteidigung der „Grenzen einer humanen Gesellschaft“ auf. Mehrere Tausend Menschen haben im Internet einen entsprechenden Aufruf unterzeichnet, der unter anderem vom Diözesanbischof von Vác, Miklós Beer, und dem katholischen Blogger István Gégény, initiiert wurde. Angeheizte Fremdenfeindlichkeit und Missverständnisse führten dazu, dass „sonst friedliche Bürger nun mit Taschenmessern und Ziegeln Konflikte lösen“, wird darin beklagt. „Wir sind zu einer Gesellschaft geworden, in der die früheren Prinzipien zu jeder Zeit durch Aggression ersetzt werden können.“
Hintergrund ist ein Vorfall, der sich Ende September im südungarischen Dorf Őcsény, zugetragen hat. Die Hilfsorganisation Migration Aid wollte dort für einige Tage eine Gruppe bereits offiziell anerkannter Flüchtlingskinder mit ihren Müttern zur Erholung unterbringen. Der Besitzer einer Pension erklärte sich bereit, die Kinder aufzunehmen.
Das Vorhaben löste jedoch massive Proteste unter den Dorfbewohnern aus. Der Pensionsbesitzer wurde bedroht, seine Autoreifen zerstochen. Auch das Fahrzeug des örtlichen Bürgermeisters János Fülöp, der bei einer Gemeindeversammlung informieren wollte, wurde beschädigt. Fülöp trat danach zurück und machte flüchtlingsfeindliche politische Propaganda für die Eskalation der Lage verantwortlich. Zuvor habe in seinem Ort Ruhe geherrscht. Ungarn, Roma und Angehörige anderer Minderheiten hätten friedlich miteinander gelebt, so Fülöp: „Damit ist es nun vorbei.“
Die Menschen wollten Migranten weder im Land noch in ihrer Gemeinde aufnehmen, kommentierte hingegen Regierungschef Viktor Orbán die Causa. Er fände „nichts Falsches“ an den Protesten, sagte der Minissterpräsident. Die Bevölkerung sei beim Thema Migration so oft belogen worden, dass sie nicht glauben könne, dass nur Kinder kommen sollen. Es sei „richtig, dass die Dorfbewohner ihre Meinung entschieden und laut zum Ausdruck gebracht haben“.
Orbáns Kommentar sorgte ebenso für bestürzte Reaktionen in der Zivilgesellschaft wie das Schweigen des Budapester Erzbischofs Kardinal Péter Erdő. Ein Interview mit dem oppositionellen Fernsehsender Hir TV am Rande einer Konferenz in Budapest brach der Kardinal ohne weiteren Kommentar ab, nachdem der Reporter auf die Ereignisse in Öcsény zu sprechen kam und fragte, ob Erdő einen Aufruf der Kirche im Interesse der Flüchtlinge nicht für notwendig erachte.
In dem von Bischof Beer unterstützten Aufruf wird betont, dass geregelte Grenzkontrollen nötig seien, um das Land zu schützen und „zu wissen, wer zu uns kommt und mit wem wir zusammenleben werden“. Ebenso sei es aber im gemeinsamen Interesse der Ungarn, „die Grenzen einer humanen Gesellschaft zu schützen“. Letztere sei zuletzt einem Angriff ausgesetzt gewesen, „der ohne Gegenreaktion zu einer Reihe von Selbstvernichtungsprozessen führen kann“, heißt es mit Blick auf die Ereignisse in Öcsény. Es sei „beängstigend zu sehen“, wie Menschen durch Halbwahrheiten irregeführt würden und in der Folge „guten Willen mit Drohungen beantworten“. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at/)
Hintergrund ist ein Vorfall, der sich Ende September im südungarischen Dorf Őcsény, zugetragen hat. Die Hilfsorganisation Migration Aid wollte dort für einige Tage eine Gruppe bereits offiziell anerkannter Flüchtlingskinder mit ihren Müttern zur Erholung unterbringen. Der Besitzer einer Pension erklärte sich bereit, die Kinder aufzunehmen.
Das Vorhaben löste jedoch massive Proteste unter den Dorfbewohnern aus. Der Pensionsbesitzer wurde bedroht, seine Autoreifen zerstochen. Auch das Fahrzeug des örtlichen Bürgermeisters János Fülöp, der bei einer Gemeindeversammlung informieren wollte, wurde beschädigt. Fülöp trat danach zurück und machte flüchtlingsfeindliche politische Propaganda für die Eskalation der Lage verantwortlich. Zuvor habe in seinem Ort Ruhe geherrscht. Ungarn, Roma und Angehörige anderer Minderheiten hätten friedlich miteinander gelebt, so Fülöp: „Damit ist es nun vorbei.“
Die Menschen wollten Migranten weder im Land noch in ihrer Gemeinde aufnehmen, kommentierte hingegen Regierungschef Viktor Orbán die Causa. Er fände „nichts Falsches“ an den Protesten, sagte der Minissterpräsident. Die Bevölkerung sei beim Thema Migration so oft belogen worden, dass sie nicht glauben könne, dass nur Kinder kommen sollen. Es sei „richtig, dass die Dorfbewohner ihre Meinung entschieden und laut zum Ausdruck gebracht haben“.
Orbáns Kommentar sorgte ebenso für bestürzte Reaktionen in der Zivilgesellschaft wie das Schweigen des Budapester Erzbischofs Kardinal Péter Erdő. Ein Interview mit dem oppositionellen Fernsehsender Hir TV am Rande einer Konferenz in Budapest brach der Kardinal ohne weiteren Kommentar ab, nachdem der Reporter auf die Ereignisse in Öcsény zu sprechen kam und fragte, ob Erdő einen Aufruf der Kirche im Interesse der Flüchtlinge nicht für notwendig erachte.
In dem von Bischof Beer unterstützten Aufruf wird betont, dass geregelte Grenzkontrollen nötig seien, um das Land zu schützen und „zu wissen, wer zu uns kommt und mit wem wir zusammenleben werden“. Ebenso sei es aber im gemeinsamen Interesse der Ungarn, „die Grenzen einer humanen Gesellschaft zu schützen“. Letztere sei zuletzt einem Angriff ausgesetzt gewesen, „der ohne Gegenreaktion zu einer Reihe von Selbstvernichtungsprozessen führen kann“, heißt es mit Blick auf die Ereignisse in Öcsény. Es sei „beängstigend zu sehen“, wie Menschen durch Halbwahrheiten irregeführt würden und in der Folge „guten Willen mit Drohungen beantworten“. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at/)