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Slowakei: Kirche und Staat nahmen Abschied von Alterzbischof Tkáč

01. Juni 2023

Zum Rückblick der katholischen Kirche in der Slowakei auf die Zeit der Unterdrückung sowie auf ihren Aufschwung nach der Wende von 1989 gestaltete sich das Begräbnis des am 23. Mai 89-jährig verstorbenen Kaschauer Alterzbischofs Alojz Tkáč. Zwei Kardinäle, fünf Erzbischöfe und 14 Bischöfe des westlichen und des östlichen Ritus aus der Slowakei, Polen, Ungarn, der Ukraine und Tschechien gaben dem ersten Erzbischof und Metropoliten der Ostslowakischen Kirchenprovinz am 30. Mai im Elisabethdom von Košice das letzte Geleit. Staatspräsidentin Zuzana Čaputová entsandte eine Abordnung der Präsidentengarde. Ex-Präsident Rudolf Schuster, er war früher auch Bürgermeister von Košice, unterstrich mit seiner Anwesenheit die Bedeutung von Tkáč für seine Geburts- und Bischofsstadt und das ganze Land.

Erzbischof Bernard Bober, der dem Verstorbenen 2010 auf dem Bischofsstuhl von Košice nachfolgte, feierte das Requiem im Elisabethdom von Košice unter anderem mit dem Prager Alterzbischof Kardinal Dominik Duka und Krakaus Alterzbischof Kardinal Stanisław Dziwisz. Dziwisz hatte als Privatsekretär von Johannes Paul II. die Ernennung von Tkáč zum Bischof 1990 und zum Erzbischof 1995 aus nächster Nähe mitverfolgt. Ebenfalls anwesend war Dukas Nachfolger in Prag, Jan Graubner, der als Bischof und ab 1992 Erzbischof von Olomouc von 1990 an mit Tkáč Mitglied der Tschechoslowakischen bzw. Bischofskonferenz der CSFR war, bis diese 1994 nach der Teilung der Tschechoslowakei aufgelöst wurde. Der ebenfalls anwesende Erzbischof Stanislav Zvolenský von Bratislava wiederum war zusammen mit Erzbischof Tkáč bis zu dessen Rücktritt im Jahr 2010 Mitglied der Slowakischen Bischofskonferenz.

Erzbischof Bober, seit 2022 auch Vorsitzender der Slowakischen Bischofskonferenz, erinnerte in seiner Homilie eingangs daran, dass Alojz Tkáč sein bischöfliches Amt nach fast 28-jähriger Sedisvakanz angetreten habe. Er sei vom einfachen Pfarrverweser zum Bischof aufgestiegen, doch Gott habe ihn „schon lang vor diesem historischen Meilenstein auf die Aufgabe und den Dienst des Hirten vorbereitet“. Papst Franziskus bekundete in seinem Beileidstelegramm die „außerordentliche Anerkennung seiner Treue und seines apostolischen Eifers in der Geheimkirche zur Zeit des atheistischen kommunistischen Regimes“. Das Bild von Bischof Tkáč, der in kommunistischer Zeit auf staatliche Anordnung hin jahrelang sein Priesteramt nicht ausüben durfte und unter anderem als Straßenbahner arbeitete, wurde zu einem der nachhaltigsten Symbole der verfolgten Kirche und ihrer Wiederbelebung in Mittel- und Osteuropa.

Die von Bober vorgelegte Erfolgsbilanz seines Vorgängers und Mentors war imposant: Tkáč errichtete 37 Pfarren und 13 neue Dekanate, 135 Kirchen wurden neu gebaut, 190 alte renoviert. Alte Orden traten ans Tageslicht, neue konnten Fuß fassen. Die Caritas wurde erneuert, katholische Schulen wurden errichtet, mit der Katholischen Universität Ružomberok an der Spitze, als deren Großkanzler Tkáč fungierte. Sein ganzer Stolz jedoch waren die zahlreichen Priesterberufungen, 350 Priester hat er in seiner Diözese geweiht.

Am meisten betroffen hat Tkáč umgekehrt, wenn Priester aus dem Amt schieden, doch war dies für ihn „nur eine Bestätigung dafür, dass die Priester ihren Dienst in voller Freiheit, aus eigener Überzeugung und ohne Druck ausüben“, andernfalls wäre dies „die Form eines geistlichen Totalitarismus“. In den letzten Jahren habe Tkáč zunehmend die „Relativierung des Glaubens und der christlichen Werte“ betrübt, so Bober. Bei vielen Gesprächen habe dieser beklagt, dass Europa sich nicht nur vom Glauben entferne, sondern auch „vom gesunden Menschenverstand“. In den neuen Ideologien etwa der LGBT-Agenden habe Tkáč das „Aufblitzen einer neuen Diktatur“ erblickt.

Noch Jahre nach seiner Emeritierung habe sein Vorgänger „tagtäglich am Morgen und am Abend in der Kathedrale Beichte gehört“ und sei zur Übernahme etwa von Firmspendungen bereit gewesen, berichtete Bober. Sein bescheidenes Gehalt habe er weitergeben und sein Herzblut nicht nur im übertragenen Sinn gegeben – nicht weniger als 90 Mal habe Alojz Tkáč Blut gespendet.

Alojz Tkáč wurde am 2. März 1934 in Ohradzany in der Ostslowakei geboren. Nach der Matura in Humenné studierte er zunächst an der Philosophischen Fakultät der Universität Bratislava und wechselte dann auf die Theologische Fakultät. 1961 spendete ihm Bischof Ambróz Lazík (1897–1969) die Priesterweihe. Bis 1963 war Tkáč Kaplan in Zborov. Nach Absolvierung des zweijährigen Präsenzdienstes wirkte er bis 1975 als Archivar im bischöflichen Ordinariat von Košice.

Bei einer Versammlung der vom Staat geförderten Friedensbewegung „Pacem in terris“ kritisierte Tkáč am 23. Oktober 1974 die Verfolgung der Kirche durch das kommunistische Regime. Der Inhalt seiner Rede gelangte in den Westen und wurde via Radio Vatikan und Voice of America weltweit bekannt. In der Folge wurde Tkáč 1975 die staatliche Erlaubnis zur Ausübung des Priesteramtes entzogen. Bis 1983 verdingte er sich als Straßenbahnfahrer und Forstarbeiter und betätigte sich als Übersetzer religiöser Literatur aus dem Italienischen, Polnischen und Deutschen. Von 1983 bis 1990 war Alojz Tkáč Pfarrverweser in Černica.

Nach der „Samtenen Revolution“ von 1989 ernannte Johannes Paul II. Tkáč am 24. Februar 1990 zum Bischof. Die Bischofsweihe erteilte ihm am 17. März 1990 der ebenfalls aus der Ostslowakei stammende römische Kurienkardinal Jozef Tomko (1924–2022). 1995 wurde Tkáč zum Erzbischof von Košice und zum ersten Metropoliten der neu errichteten ostslowakischen Kirchenprovinz ernannt. Das Pallium überreichte ihm am 7. Juli desselben Jahres Papst Johannes Paul II. während seiner Visite in Košice.

Die Hauptaufgabe von Tkáč bestand in der Wiederherstellung des kirchlichen Lebens, etwa durch Wiedereröffnung des Priesterseminars. In nur fünf Jahren wurden 80 Kirchen neu erbaut. 2010 emeritierte Tkáč als Erzbischof, Nachfolger wurde der bis heute amtierenden Erzbischof Bernard Bober.

Auch nach seiner Emeritierung wirkte Tkáč in der Seelsorge und half etwa bei der Spendung des Firmsakraments aus. Einer seiner letzten Auftritte in der Öffentlichkeit war am 16. August 2022 bei der Beisetzung Kardinal Tomkos, dem Tkáč noch als amtierender Erzbischof die Beisetzung im Elisabethdom von Košice zugesichert hatte. Bereits im Rollstuhl sitzend, winkte der auch wegen seiner Leutseligkeit beliebte Tkáč den Gläubigen zu mit den Worten, sie sollten sich schon auf ein weiteres Begräbnis einstellen. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)