Ungarn: Scharfer Protest gegen neues Obdachlosengesetz
Mit scharfen Worten hat der Leiter des ungarischen Zweigs der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio, Péter Szőke, gegen das Mitte Oktober in Kraft getretene neue Obdachlosengesetz protestiert. Nicht einmal im Mittelalter hätte man Mittellose so "drastisch bestraft", wird Szőke in der aktuellen Ausgabe der katholischen Wochenzeitung Magyar Kurír zitiert. Das Vorgehen des Staates werfe schwerwiegende Fragen auf und sei auch angesichts eines zentralen Satzes der ungarischen Verfassung "ganz und gar" unverständlich, so der Sant'Egidio-Vertreter. In dem offiziell "Nationales Glaubensbekenntnis" genannten Verfassungstext heiße es schließlich: "Wir bekennen uns zur Pflicht, den Armen und Hilfsbedürftigen zu helfen."
Die ungarische Regierung trete für "Recht und Ordnung" ein, sagte Szőke weiter. Den Preis dafür zahlten aber immer die Schwächsten. Ordnung bedeutet für die Regierung nichts anderes als "die Armen fernzuhalten, um sie nicht sehen zu müssen", meinte der der Sant'Egidio-Vertreter: "Vor den Flüchtlingen schützen Zäune und Mauern. Vor den Obdachlosen und Bettlern schützen Gesetzesordnungen."
Nach dem am 15. Oktober in Kraft getretenen Gesetz dürfen Obdachlose nicht mehr auf öffentlichen Plätzen oder Straßen leben und übernachten. Polizisten sind dazu angehalten, Obdachlose im öffentlichen Raum zu verwarnen. Bei drei Verwarnungen innerhalb von drei Monaten sieht das Gesetz die Eröffnung eines Strafverfahrens vor, das mit einer Verurteilung zu gemeinnütziger Arbeit oder einer Haftstrafe enden kann.
Medienberichten zufolge wurden Obdachlose etwa in Budapest zuletzt von den Behörden direkt angesprochen und über die neue Gesetzeslage informiert. Ein Großteil der Menschen halte sich zwar weiter in der Innenstadt auf, meide aber neuralgische Punkte wie Unterführungen, hieß es. Die Zahl der Obdachlosen im Land wird auf etwa 30'000 geschätzt. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)