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Ungarn: Not der Obdachlosen auch innerkirchlich Tabu

23. Januar 2019

Die aufgrund der Kältewelle und des im Oktober verabschiedeten "Verbannungsgesetzes" bedrückende Lage der Obdachlosen in Ungarn war Thema eines hochkarätigen Ökumene-Forums in Budapest. In Ungarn habe sich eine "herzlose Gesellschaft" entwickelt, konstatierte der Bischof von Vác, Miklós Beer, bei der Veranstaltung im evangelischen Pfarrzentum Deák-tér, wie die liberale regierungskritische Wochenzeitung Magyar Narancs berichtete. Zu den Teilnehmern gehörten Zsuzsa Ferge, Soziologin und Forscherin im Bereich Armut und Randgruppen der Gesellschaft, sowie der evangelisch-methodistische Pastor Gábor Iványi.

"Als alter Bischof kann ich mir es schon leisten, offen meine Meinung zu äußern. Es tut mir weh das zu sagen: Aber uns fällt nicht einmal ein, eine Lösung für das Problem der Obdachlosigkeit zu finden", so Beer. Das am 15. Oktober 2018 in Kraft getretene Gesetz verbietet den Betroffenen, auf den Straßen und in öffentlichen Parks zu bleiben. Scharfe Kritik äußerte Beer auch über seine eigene (katholische) Kirche. "Es scheint auch hier so, als ob das Problem dadurch gelöst ist, dass man keine Obdachlose auf der Straße übernachten lässt. Die Obdachlosenheime bieten für diese Menschen nur für eine Nacht eine Lösung. Sie müssen aber morgens diese Heime verlassen und landen wieder auf der Straße. Die Menschen brauchen richtige Sozialfürsorge, die aber nicht nur eine Frage des Geldes ist."

Zsuzsa Ferge forderte die Öffnung kirchlicher Gebäude. "Warum öffnet man nicht die Tore der Kirchen? Wie lässt sich es erklären, dass das Haus Gottes im Gegensatz zur biblischen Lehre doch nicht für alle geöffnet ist?", so die Soziologin. Beer räumte ein, dass die Obdachlosenfrage in der katholischen Kirche "kein Thema" sei: "Man spricht nicht darüber." Er fügte hinzu, dass auch die Roma-Mitbürger nicht angesprochen und nicht in die Gemeinden geladen würden. "Es tut mir sehr weh, dass wir nicht einmal intern darüber sprechen können, geschweige nach einer Lösung zu suchen", sagte der Bischof: "Wir sind Salon- und Komfortchristen geworden. Wir gehen sonntags hübsch gekleidet in die Kirche, aber unsere Gesellschaft ist herzlos."

Pfarrer Iványi äußerte Bedenken, dass sich die Kirchen für etwas einspannen ließen, was Aufgabe des Staates sei. Seiner Meinung nach müsste die Öffentliche Hand bei der Lösung der sozialen Fragen eine stärkere Rolle spielen. Sollte der Staat nicht in der Lage sein, die Gesamtproblematik angemessen zu lösen, dann sollte er wenigstens zulassen, dass das andere - kirchliche oder zivile Stellen - täten. Er bezeichnete das Obdachlosengesetz erneut als "unmenschlich" und für eine Demokratie beispiellos.

Ferge wies in diesem Zusammenhang auf Widersprüche des Gesetzes hin. Theoretisch müsste das Recht auf Wohnraum für jedermann gesichert sein, genauso wie auch die Sicherung der Menschenwürde. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)