Kroatien: Bleiburg: Schönborn für gemeinsame Aufarbeitung der Geschichte
Zu einer gemeinsamen Aufarbeitung der leidvollen Geschichte des kroatischen Volkes im 20. Jahrhunderts hat Kardinal Christoph Schönborn aufgerufen. Bei der Pressekonferenz in Wien zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz richtete ihr Vorsitzender einen Appell an die kroatische Bischofskonferenz wie auch an das kroatische Parlament. "Versuchen wir gemeinsam diese schwierige Geschichte aufzuarbeiten. Auch um zu verhindern, dass das Thema weiterhin von bestimmten Gruppen instrumantalisiert wird."
Hintergrund des Appells ist das umstrittenen Gedenktreffen am Loibacher Feld bei Bleiburg (18. Mai). Der Kärntner Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger hatte das Ansuchen der Kroatischen Bischofskonferenz um die Feier einer Gedenkmesse abgelehnt, was in Kroatien zu heftiger Empörung geführt hat. Schönborn wies auf Anfrage bei der Pressekonferenz einmal mehr darauf hin, dass diese Entscheidung kirchenrechtlich allein bei der Diözese Gurk liege und nicht bei der Bischofskonferenz. Er habe aber bereits ausführlich mit Erzbischof Želimir Puljić, dem Vorsitzenden der Kroatischen Bischofskonferenz, gesprochen und ihm die Causa aus seiner Sicht erläutert.
"Wir brauchen eine Kultur der Aufarbeitung der Geschichte", so Schönborn. Er verstehe, dass Bleiburg eine ganz schmerzliche Etappe in der Geschichte des kroatischen Volkes sei. Und er könne aus eigener leidvoller Erfahrung als Heimatvertriebener aus Tschechien sagen, dass es oft 70 Jahre brauche, bis man über solche Ereignisse wieder miteinander reden könne. "Aber jetzt können wir ehrlich und offen darüber reden, die Tschechen und die deutschsprachigen Heimatvertriebenen." Die tschechischen und österreichischen Bischöfe hätten eine Historikerkommission eingesetzt und schließlich 2003 auch eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet. So etwas könne er sich nun auch gemeinsam mit den kroatischen Bischöfen vorstellen. Solche Schritte brauche es jetzt, zeigte sich der Vorsitzende der Bischofskonferenz überzeugt, sonst kommt man aus der Konfrontation nicht heraus.
Die Gedenkveranstaltung in Bleiburg steht bereits seit mehreren Jahren in der Kritik. Im April und Mai 1945 flohen zusammen mit der Wehrmacht Angehörige der Slowenischen Heimwehr (Domobranci), Verbände der kroatischen Armee (Hrvatsko domobranstvo), faschistische Ustaša-Einheiten, serbische Tschetniks und Zivilisten unterschiedlicher nationaler Zugehörigkeit vor den heranrückenden Partisanen nach Kärnten. Ein Teil dieser Verbände ergab sich am 15. Mai 1945 in Bleiburg den Briten. In Befolgung der alliierten Vereinbarungen übergaben die Briten die Gefangenen an Jugoslawien, wo sie der Rache des neuen kommunistischen Regimes anheimfielen. Viele der Ausgelieferten wurden standrechtlich erschossen oder starben auf den Fußmärschen in die Lager. Seit den 1950er Jahren erinnerte ein Verein kroatischer Emigranten, der „Bleiburger Ehrenzug“, an die „Tragödie von Bleiburg“. Nach der politischen Wende und der Unabhängigkeit Kroatiens gewann die Feier einen immer größeren Stellenwert, nicht zuletzt durch den Umstand, dass sie unter dem Patronat des kroatischen Parlaments steht, und die Kroatische Bischofskonferenz und Bischofskonferenz von Bosnien-Herzegowina seit 2003 zu den Mitveranstaltern gehören. Aus diesem Grund stand in den letzten Jahren immer ein kroatischer Bischof der Messfeier vor.
In den letzten Jahren kamen regelmäßig über Zehntausend Gläubige zur Messe. Für zunehmende Kritik sorgte dabei der Umstand, dass die Feiern auch zum Anziehungspunkt für Menschen wurden, die dabei faschistische Symbole zeigten und aus ihrer faschistischen Gesinnung kein Hehl machten. Um dem Einhalt zu gebieten, verfügte im vergangenen Jahr die Diözese Gurk detaillierte Auflagen, die den geistliche Charakter der Feiern wahren sollten. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)