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Serbien: Kardinal: Jugendproteste zeigen "einmalige Energie"

20. November 2025

Der serbische Kardinal Ladislav Nemet hat die anhaltenden Studentenproteste in seinem Land als Zeichen gesellschaftlicher Erneuerung gewürdigt. Die Demonstrationen, ausgelöst durch das Bahnhofsunglück von Novi Sad mit 16 Todesopfern im November 2024, richteten sich gegen Korruption, Misswirtschaft und politische Einflussnahme. Die Bewegung habe eine „einmalige Energie, Freude und Hoffnung“, sagte der katholische Erzbischof von Belgrad im Interview mit Radio Vatican (7. November) anlässlich der Unterzeichnung der überarbeiteten „Charta Oecumenica“ in Rom. „Ich bin sicher, dass die Jugend [...] eine neue Generation ist, die etwas machen möchte für das Wohl des ganzen Kontinents. Und das dürfen wir nicht verpassen“, so Nemet.

Die katholische Kirche und die muslimische Gemeinschaft Serbiens hätten sich laut Nemet klar auf die Seite der Protestierenden gestellt und Aufklärung der Verantwortlichen gefordert. Die Serbische Orthodoxe Kirche (SOK) hingegen habe sich „offiziell noch nie gemeldet“. Innerhalb der SOK gebe es jedoch Spannungen: „Der niedrigere Klerus, der Kinder hat, ist viel mehr bei den Studenten. Weil ihre Kinder auf die Straße gehen, können sie nicht einfach sagen: Das interessiert uns nicht“, so der Kardinal.

Die Protestbewegung ist für Nemet auch Ausdruck eines Generationskonflikts. Während die ältere Bevölkerung in Serbien vielfach von staatlicher Unterstützung abhängig sei, zeige die junge Generation Mut und Eigeninitiative. „Traditionell waren es immer die Studenten, die in Serbien auf die Straße gingen“, erinnerte der Kardinal. Die aktuelle Bewegung erinnere ihn an die Aufbruchsstimmung in Polen nach der Wahl von Papst Johannes Paul II. oder an die „Rosenkranz-Revolution“ auf den Philippinen.

Im Gespräch über die Neuauflage der „Charta Oecumenica“ – mit neuen Kapiteln zu Migration, Frieden, Jugend und Künstlicher Intelligenz – thematisierte Nemet auch die ökumenische Dimension. So habe sich die SOK aus der „Konferenz Europäischer Kirchen“ (KEK) zurückgezogen, nachdem dort die unabhängige Orthodoxe Kirche der Ukraine aufgenommen worden war. „In diesem Sinne ist es für mich ein großes Leid und es ist eine Enttäuschung“, sagte Kardinal Nemet. Die abwesenden orthodoxen Kirchen – darunter die russische, serbische und rumänische – stellten jedoch die Mehrheit der orthodoxen Christen in Europa dar. 

Innerhalb Serbiens beschrieb Nemet die Beziehung zwischen der katholischen Kirche und der SOK als „gut, könnte noch besser sein“. Man besuche sich gegenseitig zu Festlichkeiten und Anliegen. „Teilnehmen bedeutet noch nicht gemeinsam zu beten. Das ist noch immer kein Thema, aber [...] unsere Anwesenheit zeigt, dass es wichtig für uns ist.“ (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)