Rumänien: Umstrittene Kanonisierungen der Rumänischen Orthodoxen Kirche
Der Hl. Synod der Rumänischen Orthodoxen Kirche (RumOK) hat an seiner Sitzung vom 11. und 12. Juli die Kanonisierung von 16 Märtyrern, Bekennern und Asketen des 20. Jahrhunderts beschlossen. Dabei handelt es sich um Geistliche und Theologen, die unter dem Kommunismus gelitten hätten und deren Heiligsprechung in den letzten Jahren vorbereitet worden war. Die liturgische Feier ihrer Kanonisierung wird nächstes Jahr begangen, um den 140. Jahrestag der rumänischen Autokephalie und den 100. Jahrestag der Errichtung des rumänischen Patriarchats zu feiern.
Das Nationale Elie Wiesel Institut für das Studium des Holocaust in Rumänien kritisierte in einer Presseerklärung diesen Entscheid. Mit Trauer habe es die Kanonisierung bestimmter Geistlicher aufgenommen, die antisemitische Meinungen geäußert oder in den 1930er und 1940er Jahren die faschistische Legionärsbewegung unterstützt hätten. So habe der Theologieprofessor Ilarion Felea als Mitglied der Legionärsbewegung während des Nationallegionären Staats (1940–1941) „militante politische Aktivitäten“ ausgeführt. Zudem habe er in kirchlichen Publikationen das ethnokratische Staatsprogramm, das die „Zerstörung des jüdischen Schmarotzertums“ beinhaltete, unterstützt.
Ilie Lǎcǎtuşu war Nestführer der Legion Erzengel Michael und später Sektorführer sowie Anführer einer Aufstandsgruppe beim Legionärsaufstand von 1941. Zudem erstellte er Listen mit Gegnern der Legion, die nach der vollständigen Machtübernahe hingerichtet werden sollten. Dumitru Stǎniloae, Theologieprofessor in Sibiu und Bukarest, habe für rechtsextreme Publikationen geschrieben, wobei er Nazideutschland und die Verbindung von Ethnokratie und Orthodoxie sowie die Legionärsbewegung verteidigt habe. Die Machtübernahme der Legion begrüßte er.
In der Presseerklärung wurde auf die Aussage des rumänischen Patriarchen Daniel an der Sitzung des Hl. Synods hingewiesen, dass eine Heiligsprechung bedeute, dass die betreffende Person als Modell oder als Norm dargestellt würde, der die Menschen folgen sollten. So fragten sich die Verfasser, ob die Heiligsprechung von Personen, die zu Lebzeiten mit Wort oder Tat die Werte des Faschismus geteilt hätten, mit der christlichen Ethik vereinbar sei.
Als Reaktion auf die Kritik erklärte die RumOK in einem Statement, dass sie entsprechend internationalen und rumänischen Gesetzen das Recht habe, gemäß ihren eigenen Kriterien Gläubige des rumänischen Patriarchats heiligzusprechen. Das Leben von Kandidaten zur Heiligsprechung werde gründlich erforscht und die Heiligkeit werde nur auf der Basis substantieller Beweise und glaubhafter Zeugnisse anerkannt. Zu den Kriterien für die Kanonisierung gehörten ein reines und heiliges Leben, das Bezeugen des Glaubens bis zum Lebensende, Askese, Liebe und Opferbereitschaft, Wundertätigkeit und Verehrung durch die Gläubigen. Dabei räumte die RumOK ein, dass einige ihrer Heiligen irgendwann in ihrem Leben Haltungen vertraten oder Taten vollbrachten, die schwierig zu verstehen seien oder sogar der christlichen Lehre widersprächen. Die Kirche berücksichtige aber den Wandel im Leben und insbesondere, wie Heilige ihr Leben beendeten. Außerdem betonte die RumOK, dass sie sich von jeglicher Ideologie oder Parteipolitik distanziere.
In einem Statement begrüßte der Dekan der Fakultät für orthodoxe Theologie in Arad, wo Ilarion Felea gewirkt hatte, dessen Heiligsprechung. Er würdigte dessen spirituelle Hingabe und Reinheit des Glaubens, „ohne dogmatische Fehler und Sympathien für jegliche Strömungen oder Konzepte, die dem Geist der Orthodoxie fremd sind“. Der neue Heilige bleibe in der Erinnerung derer, die ihn gekannt hätten, und durch seine Arbeit präsent. Bei vielen jungen Menschen finde sein Werk Anklang und sie bewunderten ihn für seinen Glauben und sein Bekenntnis. Die Nachricht über seine Kanonisierung sei „wirklich eine gute Neuigkeit“ und eine „Quelle von Freude und Erfüllung“. (NÖK)