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Serbien: Slowakische Evangelische Kirche A. B. pflegt ihre Sprache

09. September 2021

Dr. Jaroslav Javornik, Bischof der Slowakischen Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Serbien (SEAVC), ist in Serbien auf zwei Ebenen Teil einer Minderheit: als Teil der slowakischen Bevölkerungsgruppe und als lutherischer Christ. „Glaubens- und Religionsfreiheit ist für uns eins der höchsten Güter“, so Javornik. Im Interview spricht er über die Kraft des Glaubens, die wechselvolle Geschichte seiner Kirche und ihren Auftrag in der heutigen Gesellschaft.

Bereits Ihre Einführung in das Bischofsamt am Reformationstag 2020 wurde durch die COVID-19-Pandemie beeinflusst. Inzwischen haben Sie auch die für Juni 2021 geplanten Feierlichkeiten zum 100. Kirchenjubiläum verschoben. Wie geht es Ihnen persönlich und der SEAVC gerade?
Meine Amtseinführung fand in einem sehr bescheidenen Rahmen statt. Anwesend waren nur die Pfarrerschaft unserer Kirche und Medienvertreter, die dazu beigetragen haben, dass auch die breitere Öffentlichkeit an diesem bedeutsamen Ereignis teilhaben konnte.

Das Bischofsamt bekleide ich mit Ehrfurcht und Hochachtung. Ich möchte unserer Kirche ein guter Koordinator und Steuermann sein. Der Erste unter Gleichen – primus inter pares – zu sein, bringt viel Verantwortung mit sich. Es bedeutet, sich selbst gegenüber streng und anspruchsvoll, den anderen gegenüber aber verständnisvoll, liebevoll und gerecht zu sein. Ich hoffe, dass Gott all das Gute, das er bislang in mir angelegt hat, einsetzt, damit ich seiner Kirche ein gesegneter Diener bleibe. Mein Wunsch ist es, vor allem die Schwachen zu stärken, denn jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied.

Wir sind Gott dankbar dafür, dass er uns in diesen Zeiten und bis hierher behütet hat. Nie hätten wir geahnt, was für Herausforderungen uns bei den geplanten Feierlichkeiten zum 100. Kirchenjubiläum bevorstehen würden. Weltweit tobt eine Pandemie in Ausmaßen, wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Sie hat unsere Sichtweisen in kurzer Zeit verändert. Und wir sind uns bewusst, dass auch nach der Pandemie die Welt nicht mehr dieselbe sein wird. Trotzdem dürfen wir Gott danken, dass wir uns anpassen können, um die Leben unserer Nächsten zu bewahren. Dazu haben auch die Ändrungen in unseren kirchlichen Aktivitäten beigetragen, die oft elektronisch, telefonisch oder per Videoanruf stattfanden. Wir haben inzwischen sogar zwei ausserordentliche digitale Synoden durchgeführt.

Die Geschichte der lutherischen Christinnen und Christen im heutigen Serbien ist wechselvoll. Könnten Sie sie dennoch kurz skizzieren?
Die Brüder Kyrill und Methodius, die auch die Slawenapostel genannt werden, brachten im 9. Jahrhundert den christlichen Glauben zu unseren Vorfahren. Eines ihrer Anliegen war es, unserem Volk das Evangelium in verständlicher slawischer Sprache zu predigten. Und der Wunsch, die gute Nachricht in der eigenen Sprache zu hören, wurzelte schon damals fest in unserem Selbstverständnis. Diesen Geist findet man auch beim böhmischen Theologen, Prediger und Reformator Jan Hus (1370 -1415) und später beim Reformator Martin Luther. Und heute, im Jahr des 100. Jubiläums der Eigenständigkeit der SEAVC, bleibt die slowakische Sprache für uns als kleine, aber aktive Gemeinschaft grundlegend wichtig.   

Slowakische lutherische Christinnen und Christen siedelten bereits vor 276 Jahren im Gebiet des heutigen Serbien. Die slowakische Sprache und die biblische Botschaft wurde in dieser langen Zeit von Generation zu Generation weitergegeben. Heute genießen wir den Schutz des Staates und den Respekt der orthodoxen Mehrheitskirche

Das war allerdings nicht immer so. Bis zum Erlass des Toleranzpatentes vor 240 Jahren, das erstmals seit der Gegenreformation wieder eine freie Religionsausübung ermöglichte, gab es hier und in ganz Europa verheerende Religionskriege. Und schon bald nach dem Toleranzpatent setzte zwischen 1790 und 1918 die Magyarisierung im Königreich Ungarn ein, die darauf abzielte, Minderheiten zu assimilieren. Dies geschah unter anderem durch zielgerichtete Repressalien gegen nichtungarische Bevölkerungsgruppen, einer entsprechenden Schulpolitik und dem Verbot von anderen Sprachen außer dem Ungarischen.

Dieser Hintergrund ist wichtig, um die Abspaltung der SEAVC in Serbien von der damaligen Lutherischen Kirche in Ungarn im Jahre 1921 zu verstehen. Mehr als 8 Jahre lang dauerten innerkirchliche Streitigkeiten um die Organisation unserer Kirche noch an, bis am 18. September 1929 Adam Vereš als erster Bischof in sein Amt eingeführt wurde.

Im Jahr 2000 hatte unsere Kirche rund 50.000 Mitglieder. Wir vermuten, dass die Zahl deutlich gesunken ist – das werden wir nach der Volkszählung im nächsten Jahr genau wissen. Wir sehen jedoch, dass viele unserer Mitglieder in die Slowakei oder andere EU-Staaten umsiedeln. Außerdem ist die Geburtenrate niedrig, und sowohl das traditionelle Familienverständnis als auch die Bindung an die Kirche nimmt ab.

Wir haben aktuell zwanzig Pfarrer und vier Pfarrerinnen, von denen ein Drittel schon im Ruhestand, sind aber immer noch in der Kirche aushelfen. Die Kirche zählt vier Seniorate (Dekanate), 29 Kirchengemeinden, 9 Filialgemeinden und 2 Diasporagebiete.

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