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Ökumenische Herausforderung Friedensethik

02. Juni 2022

Regina Elsner

Die katholische und evangelische Friedensethik schien mit der Entwicklung des Paradigmas vom Gerechten Frieden als „ökumenischer Grundkonsens“ in den vergangenen Jahrzehnten einen Punkt weitgehender Übereinstimmung angesichts der wachsenden Unwahrscheinlichkeit militärischer Konflikte in Europa erreicht zu haben. Fraglos hat auch die christliche Friedensethik in den Jahrzehnten während und nach dem Kalten Krieg zu einer Befriedung Europas beigetragen, unter anderem durch ihren Fokus auf der Menschenwürde und der humanitären Dimension kriegerischer Auseinandersetzungen. Dies sind Aspekte, die auch jetzt, im Entsetzen über den russischen Krieg in der Ukraine und die neue Gefahr atomarer Eskalation den Diskurs orientieren und eine neue Militarisierungswelle kritisch anfragen. Es ist wichtig, dass die überaus komplexen ethischen Fragen von Waffenlieferungen und Aufrüstung in Theologie und Kirche ausführlich diskutiert werden, statt ihnen mit einem für die Opfer des aktuellen Krieges blinden Pazifismus auszuweichen.

Dieser offene und kontroverse Diskurs ist vor dem Hintergrund der deutschen Debatte über den deutschen Umgang mit dem Krieg wichtig. Es ist jedoch auch zu fragen, inwiefern dieser Diskurs hilft, den Krieg selbst, seine Akteure und seine Ideologie adäquat einzuschätzen. Denn nicht zuletzt die Brutalität und Gnadenlosigkeit der russischen Kriegsführung und vor allem die offene Unterstützung dafür durch die Kirchenleitung der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) stellen unsere christlichen Friedensethiken und ihre ökumenische Dimension massiv in Frage. Ein schnelles Wegwischen dieser Infragestellung mit dem Hinweis auf eine unmoderne oder zu politisierte russische Orthodoxie ist vor allem nicht möglich vor dem Hintergrund, dass kein anderes Thema in ökumenischen Dialogen mit der ROK so intensiv diskutiert worden ist, wie die Friedensethik.

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