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Thomas Bremer zur Bischofsversammlung der ROK

06. Dezember 2017


An der Bischofsversammlung der Russischen Orthodoxen Kirche wurde auf Bitten von Metropolit Onufrij (Beresovskij) von Kiew eine Aufwertung der Selbstverwaltung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Moskauer Patriarchat (UOK-MP) beschlossen. Was bedeutet dieser Entscheid für die UOK-MP?
Durch diese Entscheidung, die einstimmig getroffen wurde, wurde eine Änderung im Statut der ROK vorgenommen: Die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK) wurde aus der Liste der „selbstverwalteten“ Kirchen herausgenommen, und es wurde ein eigenes Kapitel eingefügt, das mit den Worten beginnt: „Die UOK ist selbstverwaltend mit den Rechten einer weiten Autonomie.“ Daneben gibt es nach wie vor Kapitel über die autonomen Kirchen (Japan und China), das Exarchat Belarus und die selbstverwalteten Kirchen (Lettland, Moldova und Estland sowie die Russische Auslandskirche). Innerhalb dieser wurde die UOK auch bisher schon besonders herausgehoben als „selbstverwaltet mit den Rechten weiter Autonomie“. Was die jüngste Entscheidung in der Praxis bedeutet, ist nicht ganz klar – vermutlich aber nicht viel, denn Metropolit Onufrij hat darauf hingewiesen, dass die bisherige Formulierung nicht den Entscheidungen des Bischofskonzils von 1990 entspricht und dass deswegen eine Angleichung des Statuts notwendig sei.

Ist der Entscheid der Bischofsversammlung in erster Linie eine Antwort auf die in der Ukraine diskutierten Gesetzesvorhaben Nr. 4511 und Nr. 5309?
Es ist sehr deutlich, dass die Entscheidung mit den Bestrebungen in der Ukraine zu tun hat, die Gesetze zur Registrierung von Religionsgemeinschaften zu ändern. Diese Bestrebungen wiederum sind ganz offensichtlich gegen die UOK-MP gerichtet. Metropolit Onufrij hat in der Begründung seines Antrags auf Änderung des Statuts der ROK auch darauf hingewiesen, dass die UOK-MP in der ukrainischen Politik und Gesellschaft zuweilen beschuldigt werde, unselbstständig, also konkret: von Moskau abhängig zu sein.

Für Überraschung an der Bischofsversammlung sorgte auch der Brief von Patriarch Filaret (Denisenko) von der unkanonischen Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat (UOK-KP). Die Bischofsversammlung hat daraufhin eine eigene Kommission für Verhandlungen mit der UOK-KP geschaffen. Lässt sich eine neue Dynamik im Verhältnis des Moskauer Patriarchats mit der UOK-KP erwarten?
Das ist noch schwer zu sagen. Der Brief von Filaret ist ja nicht eindeutig, und es gab sofort Stimmen, die ihn unterschiedlich interpretierten. Allerdings gibt es in der UOK-MP auch den Wunsch nach größerer Selbstständigkeit der Kirche von der ROK und nach einer Überwindung der Spaltung. Das Problem ist, dass Filaret eine unkanonische Kirche geschaffen hat, die ohne Versöhnung mit der ROK realistischerweise keine Chancen hat, jemals von anderen orthodoxen Kirchen anerkannt zu werden. Allerdings gibt es in beiden Kirchen auch Lager, die einer solchen Annäherung und möglichen Versöhnung skeptisch gegenüberstehen. Der Erfolg der Annäherung ist also auch von Faktoren abhängig, die weder Filaret noch die Leitung der ROK in ihrer Hand haben. Daher ist die weitere Entwicklung nur schwer vorherzusagen.

Prof. Dr. Thomas Bremer, Professor für Ökumenik, Ostkirchenkunde und Friedensforschung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität.

Foto: Niina Into, Helsinki