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Gemeinsamer orthodox-katholischer Arbeitskreis Sankt Irenäus: Kommuniqué – Paderborn 2024

23. Oktober 2024

Auf Einladung der Deutschen Bischofskonferenz und des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik traf sich der Gemeinsame orthodox-katholische Arbeitskreis Sankt Irenäus vom 25. bis 29. September 2024 zu seiner Jahrestagung, die aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums am Ort seiner Gründung im Jahr 2004, dem Erzbischöflichen Priesterseminar in Paderborn, stattfand. Die Tagung stand unter der Leitung des orthodoxen Ko-Präsidenten, Metropolit Grigorios (Papathomas) von Peristeri (Orthodoxe Kirche in Griechenland), und des katholischen Ko-Präsidenten, Bischof Gerhard Feige von Magdeburg.

Im Rahmen der Eröffnungssitzung wurde der Irenäus-Arbeitskreis von Regens Msgr. Dr. Michael Menke-Peitzmeyer im Namen des Erzbischofs von Paderborn, Dr. Udo Markus Bentz, und von Prof. Dr. Christian Stoll, dem Leitenden Direktor des Johann-Adam-Möhler-Instituts, begrüßt. Die Gruppe hieß je eine orthodoxe und eine katholische Kollegin als neues Mitglied willkommen. Beobachtend nahmen außerdem ein Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland und eine Nachwuchswissenschaftlerin aus Serbien teil.

Die Tagung widmete sich dem Generalthema „Spaltungen als innerkirchliches Phänomen: Auf dem Weg zu einer Typologie“. Nach einer ersten Einheit zum Alexandria-Dokument (2023) der Gemeinsamen Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der Römisch-katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche studierte der Irenäuskreis ausgewählte Beispiele von Schismen und potenziell schismatischen Tendenzen innerhalb der Kirche(n), einschließlich ihrer kulturellen, sozialen und religiösen Implikationen. Die Gruppe reflektierte zudem die letzten zwanzig Jahre ihrer gemeinsamen Arbeit und diskutierte ihre Zukunftsperspektiven.

Der Irenäuskreis verabschiedete seinen katholischen Ko-Präsidenten Bischof Gerhard Feige und bedankte sich herzlich für seine treuen und engagierten Dienste für die Gruppe während der letzten zwanzig Jahre.

Die Ergebnisse der Tagung sind in den folgenden Thesen zusammengefasst.

Anmerkungen zum Alexandria-Dokument (2023)
(1) Das Alexandria-Dokument ist ein willkommener Fortschritt der Arbeit der Gemeinsamen Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der Römisch-katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche, das eine gemeinsame Lesart der Frage des Primats und der Synodalität im zweiten Jahrtausend aus historischer und systematischer Perspektive bietet. Der Irenäuskreis nimmt dankbar zur Kenntnis, dass seine Studie Im Dienst an der Gemeinschaft (2018) von der Internationalen Kommission rezipiert wurde. In beiden Dokumenten wird etwa bekräftigt, dass Primat und Synodalität nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern sich vielmehr gegenseitig ergänzen.

(2) Der Irenäuskreis befürchtet, dass die Abwesenheit mehrerer orthodoxer Kirchen bei der Versammlung in Alexandria bedauerlicherweise zu ernsten Schwierigkeiten hinsichtlich der Rezeption des Dokuments in der orthodoxen Welt führen wird. Darüber hinaus stellt die Tatsache, dass sich verhältnismäßig viele Abschnitte des Dokuments mit Entwicklungen in der Katholischen Kirche und nicht mit jenen in der Orthodoxen Kirche befassen, ein Ungleichgewicht dar, das in gewisser Weise die historischen Umstände des zweiten Jahrtausends widerspiegelt. Es ist offenkundig, dass weitere Auseinandersetzungen mit den aufgeworfenen Fragen erforderlich sein werden. Darüber hinaus sollte der Verweis auf die eucharistische Ekklesiologie der communio (Alexandria-Dokument, 5.3) von einer in der Taufe gründenden Ekklesiologie begleitet werden, die ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Grundlegung einer soliden Theologie der Synodalität und des Primats spielt.

Bewegungen mit schismatischen Tendenzen innerhalb der Kirche
(3) Um eine Typologie der Kirchenspaltung zu entwickeln, ist es aufschlussreich, Beispiele für Bewegungen mit schismatischer Tendenz zu untersuchen, die sich nicht zu einem offenen Schisma entwickelt haben. Zu den Beispielen aus dem 20. Jahrhundert in der orthodoxen Welt gehören die Bewegung des Barmherzigen Samariters in Bulgarien und die theologischen Bruderschaften in Griechenland.

(4) Die bulgarische Bewegung des Barmherzigen Samariters in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist ein Beispiel für eine Laienbewegung, die eine bessere Auslegung des orthodoxen Glaubens auf der Ebene der individuellen Frömmigkeit, der mystischen Erfahrung und der liturgischen Rituale für sich beanspruchte. Die Bewegung hatte das Potenzial, das kirchliche Leben negativ zu beeinflussen, aber ohne die Unterstützung der Geistlichen verlor sie an Kraft und entwickelte sich nicht weiter.

(5) Bruderschaften wie Zoë (1907), Sotēr (1960) und Stavros (1963) prägten das kirchliche Leben in Griechenland während eines Großteils des 20. Jahrhunderts. Diese semi-monastischen privaten Vereinigungen, denen hauptsächlich Laientheologinnen und -theologen angehören, sind nach bürgerlichem Recht organisiert und verwalten sich selbst. Sie leisteten einen spürbaren Beitrag zur Wiederbelebung des christlichen Lebens durch intensivere Bibelstudien, qualitätsvolle Predigten und die Ermutigung zum häufigen Kommunionempfang. Das Ziel dieser Bewegungen besteht nicht darin, sich von der offiziellen Kirchenhierarchie abzugrenzen, sondern das innere Wachstum der orthodoxen Gläubigen zu fördern. Sie verstehen sich als spirituelle Bewegungen, die eine moralische Erneuerung innerhalb der Orthodoxen Kirche anstreben.

(6) Die Bruderschaften neigten zu Spaltungen, wie sie etwa zur Gründung von Sotēr auf Betreiben von Panayiotis Trembelas (1886–1977), einem der Gründer von Zoë, führten. Die Bruderschaften wurden scharf kritisiert, insbesondere durch den angesehenen Philosophen und Theologen Christos Yannaras (1935–2024), der ihre Prägung durch eine Reihe westlicher Merkmale wie Scholastik, Protestantismus und Pietismus kritisierte. Dieser westliche Einfluss zeigte sich laut Yannaras und anderen Kritikern in ihrem Individualismus und ihrer strengen ethischen Disziplin, die das Lesen nicht genehmigter Literatur und alle Formen dessen, was sie als leichtfertige Unterhaltung betrachteten, untersagte.

(7) Die Bruderschaften haben zunehmend eine ausgeprägte antimoderne und antiökumenische Haltung entwickelt, die als sektiererisch bezeichnet werden kann. Ihre Autorität wurde durch die engen Verbindungen zur Militärdiktatur (1967–1974) stark geschwächt.

(8) Die Bruderschaften in Griechenland sind jedoch nicht schismatisch, da sie den Lehren der Kirche folgen und keine eigene Hierarchie haben, sondern der Akoluthie (Ordnung) der Kirche folgen. In dieser Hinsicht haben wir es nicht mit einer Form von tatsächlichem oder latentem Schisma zu tun, sondern mit innerkirchlichen Gruppen mit para-ekklesialen Tendenzen.

Die Altkalendarier und andere Schismen
(9) Auf Empfehlung der Panorthodoxen Konferenz von 1923 beschlossen mehrere orthodoxe Kirchen, darunter das Ökumenische Patriarchat, den neuen überarbeiteten Julianischen Kalender zu übernehmen. Nach der Kalenderumstellung des griechischen Staates beschloss die Heilige Synode der Kirche von Griechenland 1924, dieser Entscheidung zu folgen. Dies führte zur Abspaltung der Altkalendarier, die bis heute andauert. Ähnliche schismatische Bewegungen entwickelten sich in anderen orthodoxen Kirchen, insbesondere in den Kirchen von Rumänien (nach 1924) und in Bulgarien (nach 1961). Im Falle Bulgariens wurde eine formelle Spaltung erst 1993 erkennbar. Die Beweggründe für diese Schismen haben sich jedoch weiterentwickelt und konzentrieren sich nun auf Fragen der Lehre, insbesondere auf die Ablehnung ökumenischer Beziehungen. Diese Beispiele zeigen, dass die eigentlichen Ursachen von Spaltungen oft andere sind als die vorgeblichen Rechtfertigungen und Beweggründe.

(10) Das Beispiel der Altkalendarier zeigt, dass Schismen oft mit charismatischen Persönlichkeiten verbunden sind. Eine anfängliche Spaltung führt oft zu einer Vielzahl weiterer Abspaltungen, die mit Führungsfragen und zwischenmenschlichen Konflikten zusammenhängen. Eine politische Komponente geht häufig Hand in Hand mit nationalistischen und fundamentalistischen Tendenzen, persönlichem Ehrgeiz, einer Fokussierung auf Familiennetzwerke und Proselytismus unter den Gläubigen der kanonischen Kirche.

(11) Die Frage der Beziehungen zwischen Kirche und Staat, insbesondere die Ablehnung einer zu engen Beziehung zum Staat, ist oft der Grund für innerkirchliche Spaltungen, zum Beispiel bei den Altgläubigen in Russland (17. Jahrhundert), der Petite Église in Frankreich (18. Jahrhundert) oder dem Schisma auf Zypern (1972–1975). Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist die bulgarische Kirchenspaltung von 1992–1998, bei der es um die Bewertung der kommunistischen Ära in Kirchenkreisen ging. Der Staat kann eine bedeutende Rolle bei der Verschärfung von Schismen spielen, insbesondere wenn er die Schismatiker rechtlich anerkennt, und auch bei der Überwindung von Schismen, wie im bulgarischen Fall geschehen.

(12) Die kanonische Kirche kann ebenfalls eine gewisse Verantwortung für das Entstehen von Schismen tragen, wenn keine Rücksprache mit anderen Kirchen und dem Volk Gottes gehalten wird, bevor Entscheidungen getroffen werden. Sie kann durch synodale Beratung sowie theologische und spirituelle Bildung dazu beitragen, Schismen zu verhindern.

Spaltung vermeiden: wahre und falsche Reform in der Kirche
(13) Reformen in der Kirche sind mitunter notwendig, um Spaltungen zu vermeiden; andererseits kann eine falsch konzipierte und umgesetzte Reform ihrerseits zu einem Schisma führen. In Wahre und falsche Reform in der Kirche (1950) nennt Yves Congar (1904–1995) vier Hauptbedingungen oder -kriterien für eine „wahre“ Reform, eine Reform ohne Schisma, d. h. eine Reform in der Kirche und nicht der Kirche: 1) Primat der Pastoral: Erfolgreiche Reformen sind solche, die aus apostolischem Antrieb durchgeführt wurden; 2) Primat der Gemeinschaft: Reformen müssen das Gleichgewicht zwischen dem „Zentrum“ und der „Peripherie“ wahren; 3) Beachtung der kirchlichen Zeit: Geduld ist weniger eine Frage der Chronologie als eine Frage der geistlichen Haltung, der Flexibilität des Geistes; 4) Rückkehr zu den Quellen (ressourcement): Wahre Reformen zielen darauf ab, die Kirche durch die Rückkehr zu den Grundprinzipien zu erneuern, während falsche Reformen darauf abzielen, nicht fundierte Neuerungen durchzusetzen.

(14) Kirchenreform ist eng mit der christlichen Einheit verbunden. Einerseits ist Kirchenreform eine ökumenische Anforderung. Wie das Zweite Vatikanische Konzil feststellt, ist das ökumenische Bestreben vor allem „eine Aufgabe der Erneuerung und Reform“, da die Kirche von Christus „zu dieser dauernden Reform gerufen [ist], deren sie allzeit bedarf, soweit sie menschliche und irdische Einrichtung ist“ (UR 6). Andererseits speist sich die Reform aus der Ökumene, wie Congar feststellt: „Reformen sind nicht nur eine Anforderung, eine Art Voraussetzung der Ökumene, sie werden auch von ihr genährt“ (Wahre und falsche Reform, 19682, S. 9–10).

(15) Laut Yves Congar steht jede Reformbewegung in der Gefahr, dass der Gegensatz zwischen verschiedenen Standpunkten zu einem Widerspruch und einer Trennung wird, wenn er isoliert entwickelt wird (eine Unterscheidung, die auf Johann Adam Möhler zurückgeht). Die Reform führt dann zur Spaltung. Unsere ökumenische Arbeit besteht darin, zu verstehen, wie einige der Gegensätze zwischen unseren Traditionen, anstatt als Widersprüche betrachtet zu werden, wieder zu Manifestationen einer legitimen und komplementären Vielfalt theologischer Ausdrucksformen des gemeinsamen apostolischen Glaubens der Orthodoxen und der Katholischen Kirche werden können.

20-jähriges Jubiläum des Irenäuskreises
In der abschließenden Plenarsitzung reflektierten die beiden Ko-Präsidenten darüber, was der Irenäuskreis in den letzten 20 Jahren erreicht hat. Sie betonten die besondere Bedeutung seines Engagements in einer Zeit, in der sich die Arbeit der Internationalen Dialogkommission aufgrund von Spannungen innerhalb der Orthodoxen Kirche in einer Krise befindet – wie es bereits bei der Gründung der Gruppe im Jahr 2004 der Fall war. Auch in der Katholischen Kirche gibt es Spannungen, insbesondere in Bezug auf liturgische und moralische Fragen. Die aktuelle geopolitische Lage in Verbindung mit den anhaltenden Herausforderungen der Moderne unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit ökumenischer Bemühungen dieser Art. Im Allgemeinen ist es von entscheidender Bedeutung, dass akademische theologische Debatten auch die breitere kirchliche Gemeinschaft und die säkulare Welt einbeziehen. Während gemeinhin anerkannt wird, dass sich der ökumenische Dialog zwischen Orthodoxen und Katholiken von einem Dialog der Liebe hin zu einem Dialog der Wahrheit bewegt hat, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Dimension der Liebe und der persönlichen Begegnung seine besondere Qualität bleibt.

Der Irenäuskreis wird seine Arbeit an einer Typologie von Schismen durch weitere Studien fortsetzen, unter anderem über die russischen Altgläubigen sowie neuere Schismen und schismatische Tendenzen innerhalb der Katholischen Kirche.

Abschließend dankte der Irenäuskreis der Deutschen Bischofskonferenz und der Solidaritätsaktion Renovabis für die finanzielle Unterstützung sowie dem Johann-Adam-Möhler-Institut für die Organisation der Tagung. Die Gruppe brachte auch ihre große Anerkennung für die engagierte Arbeit der Dolmetscherinnen und Dolmetscher in den letzten 20 Jahren zum Ausdruck, da sie ihre Plenarsitzungen ab jetzt auf Englisch abhalten wird.

Saint Irenaeus Joint Orthodox-Catholic Working Group - Groupe de travail orthodoxe-catholique Saint-Irénée - Gemeinsamer orthodox-katholischer Arbeitskreis Sankt Irenäus

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Der Gemeinsame orthodox-katholische Arbeitskreis St. Irenäus besteht aus 26 Mitgliedern, 13 orthodoxen und 13 katholischen Theologinnen und Theologen, aus mehreren europäischen Ländern, dem Nahen Osten und Amerika. Er wurde 2004 in Paderborn (Deutschland) gegründet und hat sich seitdem in Athen (Griechenland), Chevetogne (Belgien), Belgrad (Serbien), Wien (Österreich), Kiew (Ukraine), Magdeburg (Deutschland), St. Petersburg (Russland), Bose (Italien), Thessaloniki (Griechenland), Rabat (Malta), auf Chalki bei Istanbul (Türkei), Taizé (Frankreich), Caraiman (Rumänien), Graz (Österreich), Trebinje (Bosnien und Herzegowina), Rom (Italien), Cluj-Napoca (Rumänien), Balamand (Libanon) und Paderborn (Deutschland) getroffen. In Paderborn wurde beschlossen, dass das nächste Treffen des Irenäuskreises im Oktober 2025 in Peristeri (Griechenland) stattfinden wird.

Website des Irenäus-Arbeitskreises