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Deutschland: 40 Jahre lutherisch-orthodoxer Dialog

01. Juni 2023

Im Rahmen der jüngsten Tagung von lutherischen und orthodoxen Theologie-Fachleuten in der Lutherstadt Wittenberg wurde unter anderem über das Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung, Umweltprobleme, den Heiligen Geist in der Welt und die Rolle des Heiligen Geistes in der Kirche diskutiert. Die Plenartagung der Gemeinsamen Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen dem Lutherischen Weltbund (LWB) und der Orthodoxen Kirche (unter Leitung des Ökumenischen Patriarchats) fand vom 29. April bis 6. Mai statt. Ausgerichtet wurde sie vom LWB in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und umfasste auch Besichtigungen von Kirchen und Besuche an anderen Orten, die im Zusammenhang mit der Reformation von historischer Bedeutung sind.

Das Thema der Tagung lautete: „Der Heilige Geist, die Kirche und die Welt: Schöpfung, Menschheit und Erlösung“. Es wurde an der Formulierung einer gemeinsamen Erklärung gearbeitet, die 2025 veröffentlicht werden soll, in dem Jahr also, in dem christliche Gläubige in aller Welt das 1.700-jährige Jubiläum des Konzils von Nicäa feiern werden. Dieses ökumenische Konzil im Jahr 325 war der erste Versuch von Kirchenleitenden gewesen, einen Konsens hinsichtlich der christlichen Lehre und der christlichen Glaubenspraktiken zu erzielen.

Der Assistierende Generalsekretär des LWB für ökumenische Beziehungen, Dirk Lange, berichtete: „Die Gespräche waren konstruktiv und engagiert. Es war eine große Freude, zu sehen, mit wie viel Hingabe und aufrichtigem Streben nach Lösungen die Kommissionsmitglieder dabei waren. Die beiden Co-Vorsitzenden, Seine Eminenz Kyrillos von Kirini und Regionalbischof Johann Schneider, haben eine sehr zielorientierte und lebendige Tagung ermöglicht.“

Es wurden Grußbotschaften vom Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I und der LWB-Generalsekretärin Anne Burghardt übermittelt, die die Fortschritte im seit inzwischen mehr als 40 Jahre andauernden lutherisch-orthodoxen Dialog lobten. Außerdem wurde im Rahmen der Tagung in der Schlosskirche Wittenberg ein Wortgottesdienst und im Nauenburger Dom ein lutherischer Abendmahlsgottesdienst gefeiert.

Die Epiklese – die Anrufung des Heiligen Geistes oder Bitte um Herabsendung des Heiligen Geistes auf Brot und Wein und die versammelte Gottesdienstgemeinde im Rahmen des eucharistischen Gebets – war Kernpunkt vieler Diskussionen und hat im orthodoxen Liturgie- und Kirchenverständnis einen zentralen Stellenwert. Auch Martin Luther nahm sie in gewisser Form in seine Deutsche Messe auf, wobei dies nicht besonders unterstrichen wurde, weil sie zu Luthers Zeiten nicht Teil der katholischen Gottesdienstordnung war. In den letzten 100 Jahren hat die Epiklese in zahlreiche protestantische Gottesdienstordnungen wieder Einzug gehalten, vor allem durch die liturgische Erneuerung in Nordamerika und Schweden in der Mitte des 20. Jahrhunderts.

Die Teilnehmenden führten darüber hinaus „lebhafte Diskussionen“ über die zentrale Frage des „filioque“-Zusatzes. Ursprünglich waren Diskussionen hierüber entbrannt, weil die lateinische oder westliche Kirche dem Nizänischen Glaubensbekenntnis im 6. Jahrhundert den Zusatz „und dem Sohn“ hinzufügte und dieser tiefe Spaltungen zwischen den Ostkirchen und der abendländischen Christenheit verursachte.

Die Kommissionsmitglieder beschäftigten sich mit den „unterschiedlichen theologischen Bezugssystemen, den Folgen für die Liturgie und möglichen Konvergenzen“ und kamen überein, dass sie auf ihrer nächsten Tagung einen „ausführlicheren Studienprozess hierzu mit pastoralen Auswirkungen“ anstreben wollen. Der LWB hat bereits empfohlen, den Filioque-Zusatz in ökumenischen Gottesdiensten wegzulassen. So wurde es auch gehandhabt, als Lange im Naumburger Dom den lutherischen Gottesdienst feierte.

Die nächste vorbereitende Sitzung der Kommission wird vom LWB ausgerichtet und vom 6. bis 19. November in der estnischen Hauptstadt Tallinn stattfinden. (Quelle: www.lutheranworld.org, 23. Mai 2023)