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Russland: Metropolit Ilarion sieht Verantwortung allein bei Politik und Militär

02. Juni 2022

Das Moskauer Patriarchat weist weiterhin alle Kritik an seiner Haltung zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine und zu einer möglichen Mitverantwortung durch die offensive Unterstützung von Präsident Vladimir Putin von sich: "Die Kirche kann für Entscheidungen der Politik und für das, was das Militär tut, keine Verantwortung übernehmen. Sie hat nur die Waffe des Gebets", betonte der Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Metropolit Ilarion (Alfejev), in einem ORF-Interview, das in Ausschnitten in der Doku-Reihe "kreuz und quer" ausgestrahlt wurde.

Als die von Ilarion so bezeichnete "Militäroperation" in der Ukraine begann, sei schließlich in allen russisch-orthodoxen Kirchen "mit dem Segen des Patriarchen für die Wiederherstellung des Friedens gebetet" worden. Zugleich räumte Ilarion ein, dass die Abwendung und Absetzbewegung von immer mehr Kirchengemeinden vom Moskauer Patriarchat eine "große Bewährungsprobe" für die Einheit der Kirche darstelle. "Es kommt noch hinzu, dass in einigen Pfarreien und Eparchien der Ukrainischen Orthodoxen Kirche zurzeit der Name des Moskauer Patriarchen im Gottesdienst nicht erwähnt wird." Dies wiege umso schwerer, als die Russische Orthodoxe Kirche (ROK) nicht nur die Kirche Russlands sei, "sondern auch die Kirche von Belarus, die Kirche der Ukraine, der baltischen Länder, der Staaten in Mittelasien", so Ilarion weiter.

Im Blick auf den unterschiedlichen Blick, den Ost und West auf den Krieg in der Ukraine haben, betonte der Moskauer Außenamtsleiter, der früher auch einmal Bischof in Österreich war: "Es gibt jetzt zwei Informationsräume: Die eine Version der Ereignisse hören wir in Russland. Eine völlig andere Version hören die Menschen im Westen." Beide Seiten müssten laut Hilarion versuchen, einander zu verstehen, ansonsten werde sich der Konflikt vertiefen und könne sich zu einem globalen Konflikt auswachsen: "Denn unsere Welt hat sich in ein Pulverfass verwandelt."

Das Schweigen des russischen Patriarchen Kirill zum Krieg und die nur zögerliche Verurteilung der Gewalt habe nicht nur im Westen, sondern auch in den Reihen der eigenen Gläubigen und der Orthodoxie insgesamt zu einer massiven "Beschädigung" des Patriarchen geführt, zeigte sich in der Dokumentation auch der an der Universität Wien lehrende orthodoxe Theologe Ioan Moga überzeugt. "Dass ein Kirchenführer im Jahr 2022 einen brutalen Angriffskrieg zu rechtfertigen versucht, ist abstrus", so Moga.

Zugleich zeigte sich Moga jedoch überzeugt, dass es auch in der ROK - in Theologie, Klerus und unter den Gläubigen - "moderate Kräfte" gebe, die "ganz frei eine Synthese von proeuropäischem, modernem Gedankengut, tiefer Glaubensfrömmigkeit und russisch-orthodoxer Identität" leben. "Das gibt es - es ist nur noch nicht zum Zug gekommen. Aber das ist nicht zu bremsen." (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)