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Russland: Verfahren gegen ehemaligen Baptistenleiter eröffnet

24. August 2023

Gegen den früheren Vorsitzenden des Russischen Bundes der Evangeliumschristen-Baptisten, Jurij Sipko, ist ein Strafverfahren wegen Diskreditierung der russischen Streitkräfte eröffnet worden. Dabei geht es um Aussagen des Pastors im Internet, insbesondere um ein Video, das er im März 2022 veröffentlichte. Dieses enthalte willentlich falsche Informationen über die Handlungen der russischen Armee gegen die Zivilbevölkerung der Ukraine. Aufgrund des Strafverfahrens wurden laut der Untersuchungsbehörde in Moskau Durchsuchungen bei Sipko und „seinen Mitstreitern“ durchgeführt.

Bei der Hausdurchsuchung trafen die Strafverfolger Jurij Sipko jedoch nicht an, er hat vor einiger Zeit Russland verlassen, wie seine Tochter berichtete. In seiner Wohnung habe sich sein Sohn aufgehalten, der als Zeuge verhört wurde. Sipko selbst meldete sich auf Facebook zu Wort, er habe nichts Illegales getan. Seine „illegalen Aktivitäten“ seien auch nicht „unterbunden worden“, wie das Untersuchungskomitee verlautet hatte, sonst könnte er sich nicht mehr äußern.

Nachdem die Eröffnung des Strafverfahrens gegen Sipko am 8. August bekannt geworden war, strahlten mehrere landesweite russische Fernsehsender, darunter Pervyj kanal, NTV und Rossija, diffamierende Reportagen aus, wie das Sova Zentrum in Moskau berichtete. In den sich stark gleichenden Beiträgen tauchten verschiedene Klischees auf, so die Anschuldigungen, mit aus den USA finanzierten ausländischen Organisationen zusammenzuarbeiten sowie die russische Opposition und die ukrainische Staatsmacht zu unterstützen. NTV sprach von der Arbeit von „Einflussagenten, die von ausländischen Geheimdiensten gesponsort werden“. Pervyj kanal verglich Sipkos Predigten mit „unverhohlener feindlicher Propaganda“, während NTV erklärte, sie beruhten auf „Leitfäden, die von amerikanischen Kuratoren ausgearbeitet worden sind“. In allen Reportagen wurden Bilder von Hitler, die angeblich bei Durchsuchungen in Sipkos Wohnung und Kirchen gefunden worden seien, gezeigt. Dabei handelt es sich allerdings um die Titelbilder von Publikationen wie einer BBC-Dokumentation über das Dritte Reich, nicht um faschistische Materialien.

Als Zeuge im Verfahren gegen Sipko wurde zudem der baptistische Bischof Albert Ratkin verhört. Er wurde vorübergehend festgehalten und seine Wohnung durchsucht. Er wurde wieder freigelassen, aber alle Kommunikationstechnik und Dokumente Ratkins und seiner Frau wurden konfisziert. Ratkin war früher Bischof des Russischen Bundes der Evangeliumschristen in Kaluga und Sondervertreter des Bischofs des Russischen Vereinten Bundes der Evangeliumschristen (Pfingstgemeinden). 2021 wurde er von seiner Kirche ausgeschlossen, weil er ihre Führung und deren Verbindungen zu den russischen Behörden kritisiert hatte. Er betreibt einen YouTube-Kanal, auf dem er sich wiederholt gegen den Krieg gestellt hat und auf dem auch eine regelmäßige Sendung von Jurij Sipko erscheint. (NÖK)