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Russland: Putin lobt Religionsgemeinschaften für ihr Engagement

03. November 2023

Am 25. Oktober hat der russische Präsident Vladimir Putin Vertreter der sog. traditionellen Religionsgemeinschaften des Landes zu einem Treffen im Kreml eingeladen. Dabei dankte er ihnen „in erster Linie für die Unterstützung der Streitkräfte der Russischen Föderation und die Unterstützung unserer Kämpfer, ihrer Familienmitglieder und aller, die im Rahmen der militärischen Spezialoperation für Russland kämpfen“. Das zweite Thema des Treffens waren die Ereignisse im Nahen Osten. An dem Treffen nahmen Vertreter der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK), der muslimischen und der jüdischen Gemeinschaften, der Leiter der Buddhisten in Russland sowie die Oberhäupter der Armenischen Kirche, der Altgläubigen und der Pfingstgemeinden teil.

Präsident Putin drückte den Angehörigen der beim Angriff der Hamas in Israel Umgekommenen sein Mitgefühl aus. Dabei verwies er darauf, dass Russland mit „internationalem Terrorismus“ Erfahrung habe und die schmerzlichen Verluste aus dem „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ noch immer spüre. Allerdings sei es auch klar, dass nicht Unschuldige für die Verbrechen büßen dürften. Der „Kampf gegen den Terrorismus darf nicht entsprechend dem berüchtigten Prinzip der kollektiven Verantwortung geführt werden“, sagte der russische Präsident. Er sprach sich für eine Zwei-Staaten-Lösung aus, wobei Russland diese Position schon lange klar vertrete, sie sei nicht „konjunkturabhängig“.

Zugleich sieht Putin „Versuche einiger Kräfte“, eine weitere Eskalation zu provozieren und möglichst viele andere Länder und Völker in den Konflikt zu ziehen. Dabei würden „nationale und religiöse Gefühle von Millionen Menschen“ benutzt. Europa warf er vor, die Augen vor „Freveltaten und Vandalismus gegenüber muslimischen Heiligtümern“ zu verschließen. In einigen Ländern würden schon offen Nazi-Verbrecher und Antisemiten gefeiert, während in der Ukraine die kanonische orthodoxe Kirche verboten werden solle, um das kirchliche Schisma zu vertiefen. Das Ziel sei, die Instabilität auf der Welt zu verstärken und einen „Konflikt der Zivilisationen“ zu provozieren. Dem Westen warf er zudem vor, aus Angst vor einer multipolaren Weltordnung mittels „Islamophobie, Antisemitismus und Russophobie“ die Entwicklung unabhängiger, souveräner Staaten zu bremsen.

Der russische Patriarch Kirill, der von Metropolit Grigorij (Petrov), dem Geschäftsführer des Moskauer Patriarchats, und Vladimir Legojda, dem Vorsitzenden der Synodalabteilung für die Beziehungen der Kirche mit der Gesellschaft und den Medien, begleitet wurde, betonte die Bedeutung Jerusalems und des Heiligen Landes für Christen, Juden und Muslime. Gegenüber dem Präsidenten und der Regierung drückte er seine Erkenntlichkeit für ihre „konsequente friedensstiftende Position in Bezug auf die Probleme bei der Beilegung des Nahost-Konflikts“ aus. Der Patriarch kritisierte „jegliche Schläge gegen zivile Einrichtungen und religiöse Heiligtümer“, die aufs entschlossenste verurteilt werden müssten. Er vermutete, dass Angriffe auf religiöse Objekte die Menschen provozieren und verbittern sollten, um den Konflikt härter zu machen. Das Griechisch-Orthodoxe Patriarchat von Jerusalem, das Christen auf beiden Seiten des Konflikts betreue, vertrete die Haltung, dass Zivilisten kein Ziel bewaffneter Angriffe sein dürften, sondern ihnen Hilfe und Unterstützung geleistet werden müsse. Zudem rief Kirill dazu auf, in den Bemühungen um einen gerechten Frieden im Nahen Osten nicht nachzulassen.

In Russlands Krieg gegen die Ukraine nimmt die ROK jedoch eine ganz andere Position ein. Sie unterstützt die russische Regierung, die in der Ukraine gezielt Zivilist:innen sowie die zivile Infrastruktur des Landes angreift. Zahlreiche Geistliche sind an die Front gereist, um die russischen Streitkräfte zu unterstützen. Die belarusische ökumenische Gruppe „Christliche Vision“ hat gemeinsam mit den Projekten „Christen gegen den Krieg“ und „Weihnachtsdeklaration“ eine Liste mit Geistlichen der ROK erstellt, die im Krieg umgekommen oder an der Front sind. Stand 28. Oktober listet sie elf umgekommene Geistliche sowie rund 200 Kleriker an der Front.

Der Vorsitzende der Zentralen Spirituellen Administration der Muslime Russlands, Mufti Talgat Tadzhuddin, dankte Putin ebenfalls für seine Einschätzungen und seine „ausgewogene“ Position. Als Ursache des Nahost-Konflikts bezeichnete er die „Ungerechtigkeit gegenüber dem palästinensischen Volk“. Der Konflikt habe zu einer Missachtung aller völkerrechtlicher und zwischenstaatlicher Normen sowie der „Anwendung barbarischer Kampfmittel“ geführt. Wieder einmal würden „einige Länder“ der Welt ihr Recht des Stärkeren und Doppelstandards demonstrieren.

Der Hauptrabbi Berl Lazar betonte ebenfalls die freundschaftlichen Verhältnisse zwischen den Religionsgemeinschaften in Russland. Schon seit vielen Jahren gebe es in Russland keinen staatlichen Antisemitismus mehr und sogar auf der Straße gebe es kaum Antisemitismus. Mit Blick auf die Vergangenheit rief er dennoch die föderalen und lokalen Behörden zu einen „ständigen und kompromisslosen Kampf gegen den Extremismus“ auf. Verhandlungen mit Terroristen dürfe es nicht geben, auch keine Kompromisse. Für das friedliche Zusammenleben von Religionsgemeinschaften könne Russland als Beispiel dienen. Der Grund dafür, dass das in Russland funktioniere, sei, dass „wir hier einen weisen Präsidenten haben“, der zur Unterstützung oder bei Problemen die Religionsgemeinschaften zusammenrufe und „eine sehr klare Position“ kommuniziere. (NÖK)