Russland: Ehemaliger Exarch von Afrika kommt vor Kirchengericht
Metropolit Leonid (Gorbatschov), der erste Leiter des Afrikanischen Exarchats der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK), ist vor ein Kirchengericht gerufen worden. Von seiner Aufgabe als Exarch hatte ihn der Hl. Synod der ROK am 11. Oktober 2023 entbunden. Bereits am 9. September war er von seinem Posten als Vorsteher einer Moskauer Kirche entfernt worden. Am 27. Dezember wurde er schließlich von der temporären Leitung der Eparchie Armenien befreit und in den Ruhestand versetzt, wobei er erst 55 Jahre alt ist.
Begründet wird die Vorladung mit „kirchlichen Rechtsverstößen bei der Amtsübergabe“ der Kirche, deren Vorsteher er gewesen war. Metropolit Leonid bezeichnete die Vorladung als „Schande“. Seinen Posten in der Kirche habe er am 8. September geräumt, die Übergabe sei erst am 31. Oktober von einer Kommission überprüft worden. Was in den zwei Monaten dazwischen passiert sei, wisse er nicht. Er betonte, keine Vergehen begangen zu haben. Ihm werde der Prozess gemacht, weil das „ein Mensch so entschieden hat. Bei uns entscheidet ja schon lange alles ein Mensch“, erklärte er auf Telegram. In den sozialen Medien kursieren Gerüchte, dass nicht „finanziell-administrative Missbräuche“ der Grund für den Prozess seien, sondern ein mitgehörtes Telefonat, in dem Leonid schlecht über „seinen Chef“ geredet habe.
In einem weiteren Telegram-Post beschwerte sich Leonid, dass heute „alles möglich ist“, wenn jemand „unkontrollierte Macht“ habe. Die Entscheidungen seien „ungerecht, illegal und zerstören die ohnehin geschwächte Autorität der Kirche“, schrieb er. In den knapp zwei Jahren als Exarch habe er „ernsthafte Resultate“ erzielt, die er mit einem kleinen Team erarbeitet habe. Die aktuellen Ereignisse seien für die Kirche und ihre Zukunft „traurig“. Er habe willig alle Sanktionen – insbesondere für seine Tätigkeit in Afrika – auf sich genommen und sei jetzt „verlassen und verraten“ worden. Zuerst hätten ihm die „Griechen“ die Priesterwürde aberkannt – das Griechisch-Orthodoxe Patriarchat von Alexandria, zu dessen Jurisdiktion ganz Afrika gehört und das die Errichtung des Exarchats als feindliches Eindringen der ROK wertet, hatte Leonid mit diesem Entscheid zu sanktionieren versucht – und nun sei seine eigene Kirche mit „den Griechen“ und dem Vatikan nachsichtig und verspotte ihn.
Metropolit Leonid ging in Afrika energisch vor und gewann zahlreiche neue Gemeinden, wobei ihm vorgeworfen wird, er habe dem Patriarchat von Alexandria Priester und Gläubige mit Geld abgeworben, statt zu missionieren. Zudem wird Leonid eine große Nähe zum früheren Leiter der Söldnertruppe Wagner, Jevgenij Prigozhin, nachgesagt, der nach einer versuchten Meuterei in Russland 2023 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Außerdem sei das Verhältnis zwischen Leonid und dem mächtigen Außenamt des Moskauer Patriarchats unter der Leitung von Metropolit Antonij (Severjuk) gespannt.
Leonids Nachfolger, Bischof Konstantin (Ostrovskij), ist unterdessen im Januar 2024 zum ersten Mal in sein neues Einsatzgebiet gereist und hat Südafrika besucht. (NÖK)