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Russland: Skandal um Metropolit Ilarion

11. Juli 2024

Metropolit Ilarion (Alfejev) von Budapest, der die Eparchie Ungarn der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) leitet, wird von einem früheren Mitarbeiter sexuelle Belästigung vorgeworfen. Schon im März 2024 gab es entsprechende Gerüchte, die aber noch kein großes Echo auslösten. Nun hat die Novaja Gazeta Evropa mit dem Betroffenen gesprochen und einen ausführlichen Artikel zu seiner Geschichte publiziert. Metropolit Ilarion bestritt gegenüber der Novaja Gazeta Evropa die Vorwürfe und beschuldigt die Mutter des mutmaßlichen Opfers, ihn erpressen zu wollen.

Metropolit Ilarion hatte lange das Außenamt des Moskauer Patriarchats geleitet und galt als zweitmächtigste Person in der ROK nach Patriarch Kirill. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs wurde Ilarion im Juni 2022 überraschend abgesetzt, all seiner weiteren Ämter enthoben und nach Budapest versetzt. Dorthin folgte ihm Georgij Suzuki, ein 18-Jähriger aus einer japanisch-russischen Familie, um laut eigenen Angaben den Metropoliten, mit dem er zuvor in Briefkontakt gestanden hatte, zu unterstützen und sein Schüler zu werden. Die Übergriffe hätten schon bald nach seiner Ankunft in Budapest begonnen. Im Januar 2024 flüchtete Suzuki aus Ungarn und kehrte nach Japan zurück, dabei entwendete er Wertsachen und Bargeld, weswegen er in Ungarn polizeilich gesucht wird.

Aus Bildern und Videos, die Suzuki der Novaja Gazeta Evropa zur Verfügung gestellt hat, ist das luxuriöse Leben des Metropoliten und seiner engsten Mitarbeiter ersichtlich. Unter anderem hat Ilarion eine Villa in einem Vorort von Budapest gekauft, außerdem machte er häufig Ferien. Zudem erhielt er drei Monate nach seiner Versetzung nach Budapest einen ungarischen Pass. Georgij Suzuki übergab dem Medium auch Audiomitschnitte, die er aufgenommen hatte. Darauf ist unter anderem zu hören, auf welchen verschlungenen Wegen Metropolit Ilarion den Kauf des Anwesens in Ungarn finanzierte, aber auch Drohungen gegen Suzuki. Brisant ist auch eine Aufnahme, auf der Ilarion erklärt, dass die reichsten russischen Oligarchen Patriarch Kirill unterstützten. Zudem verbiete Kirill, dass die Oligarchen jemanden nicht über oder durch ihn unterstützten. Mit diesen Mitteln fördere Kirill nur Projekte, die ihn persönlich interessierten. So erhalte der orthodoxe Fernsehsender Spas immense Summen, obwohl dort „völlig stümperhafte Inhalte“ produziert würden. Kein anderer russischer Sender produziere so peinliche Inhalte wie Spas, findet Metropolit Ilarion. Dem Patriarchen aber gefalle er, weil es dort ständig um ihn gehe. Dabei seien die Produktionen „dermaßen unprofessionell“ und „von dermaßen schlechter Qualität“, kritisierte Ilarion weiter, aber es würden enorme Gelder dafür ausgegeben. Im gleichen Gespräch gab  auch einen kleinen Einblick in die Finanzen des Moskauer Patriarchats.

Die Geistlichen der ungarischen Eparchie haben sich am 10. Juli mit einem offenen Brief hinter ihren Vorsteher gestellt. Sie werfen ungarischen und oppositionellen russischen Medien eine „schmutzige Verleumdungskampagne“ gegen Metropolit Ilarion vor. Unterschrieben wurde der Brief von elf der 14 Priester und zwei der drei Diakone der Eparchie. (NÖK)