Russland: Exarch der Russischen Orthodoxen Kirche für Westeuropa abgesetzt
Metropolit Nestor (Sirotenko), der Leiter des Exarchats für Westeuropa der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK), ist auf Anweisung des russischen Patriarchen Kirill seiner Ämter enthoben worden. Dazu gehörten die Eparchien von Korsun und Spanien-Portugal sowie die Gemeinden des Moskauer Patriarchats in Italien. Als Grund wurde ein gegen ihn eingeleitetes Verfahren des Kirchengerichts genannt. Vorübergehend wurden die Ämter Metropolit Mark (Golovkov) von Rjazan übertragen.
Normalerweise werden Personalentscheide dieser Größenordnung vom Hl. Synod getroffen, wie die Orthodoxie-Expertin Ksenia Luchenko erklärt. Als formaler Grund für die Absetzung gilt, dass Nestor Poker spielt. Allerdings spiele er bereits seit Jahren völlig offen Poker als Sport, wie Luchenko weiter ausführt. Als wahren Grund vermutet sie vielmehr die Eigenständigkeit des Metropoliten, und dass er sich immer auf die Seite seiner Geistlichen, nicht des Patriarchats stelle. Zudem propagiere er nicht die Russische Welt und lebe schon seit 1999 in Frankreich, weshalb er zu „europäisch“ sei. Im April 2022 publizierte Metropolit Nestor in seiner Funktion als Leiter der Eparchie Spanien und Portugal der ROK eine gemeinsame Erklärung mit der Bischofskonferenz der römisch-katholischen Kirche in Spanien, in der sie den Schmerz und das Leiden beklagen, das von Russlands Invasion in die Ukraine ausgelöst worden sei.
Andere Kommentatoren weisen darauf hin, dass das Kirchengericht der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK), das über Bischöfe urteilen kann, eigentlich ohne rechtliche Grundlage operiere, da die Mandate seiner Mitglieder seit Jahren abgelaufen seien. Das Richtergremium müsste von der Bischofsversammlung der ROK gewählt werden, die aber seit 2018 nicht mehr einberufen wurde. Zur Unterstützung von Metropolit Nestor haben Gläubige von Gemeinden der ROK in Westeuropa eine Petition an Patriarch Kirill und das Kirchengericht lanciert. Darin bitten sie um die Wiedereinsetzung des Metropoliten, der in seinen Eparchien sehr geschätzt werde. Bisher wurde die Petition von 1290 Personen unterzeichnet (Stand 20. November 2025).
Metropolit Mark, der Nestors Ämter vorübergehend übernimmt, folgt der Linie der Kriegsunterstützung des Moskauer Patriarchats. Am 1. Oktober bekräftigte er die Position der russischen Regierung, die einen Frieden erst für möglich hält, wenn die „ursprünglichen Ursachen des Konflikts“ beseitigt seien. Diese Worte der Regierung seien „korrekt, wahrhaftig goldene Worte“, sagte Metropolit Mark. Zudem machte Metropolit Mark die Russen aufgrund ihrer Sünden für den Krieg verantwortlich. Die Menschen begeisterten sich für Vergnügungen und verlören die moralische Orientierung. Er zeigte sich überzeugt, dass Gott Russland einen „beständigen und unverlierbaren Frieden“ gewähren würde, dazu seien jedoch Reue und Bekehrung nötig. (NÖK)