Ukraine: Mehrheit der Ukrainer ist „einfach orthodox“
In der Ukraine sieht sich die Mehrheit der Bevölkerung als gläubig an. Laut einer aktuellen Studie des Razumkov-Zentrums bezeichnen sich 66 Prozent der Befragten als gläubig, damit ist die Zahl auf das Niveau von 2013 (67 Prozent) gesunken, liegt aber höher als im Jahr 2000 (57,8 Prozent). Mit 4 Prozent ist der Anteil der Atheisten an der Bevölkerung am kleinsten, 5,4 Prozent bezeichnen sich als „nicht gläubig“. Der Rest ist entweder „zwischen gläubig und nicht gläubig“ (12,2 Prozent) unentschlossen oder hat nicht geantwortet.
Am gläubigsten sind die Bewohner der Westukraine, obwohl die Zahl der Gläubigen dort abgenommen hat. Mit 81,4 Prozent liegt ihre Zahl so tief wie noch nie in den untersuchten Jahren seit 2000, am höchsten lag sie 2014 mit 93 Prozent. Auch in der Zentralukraine ist die Zahl der Gläubigen seit 2014 von 82,4 auf 70,2 Prozent gesunken. Allerdings liegt der Anteil der Gläubigen damit höher als in den Jahren 2000 bis 2013, als er zwischen 54,7 und 64,4 Prozent schwankte. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Süden und Osten der Ukraine, wo der Anteil der Gläubigen 2019 (51,9 bzw. 52,7 Prozent) tiefer liegt, als in den Jahren von 2010 bis 2018. Aber auch dort lag deren Anteil im Jahr 2000 noch tiefer, bei unter 50 Prozent.
Laut der Studie des Razumkov-Zentrums, deren Ergebnisse am 14. November 2019 in Kiew vorgestellt wurden, beträgt der Anteil der Orthodoxen in der Ukraine 2019 64,9 Prozent. Damit ist er in den untersuchten Jahren seit 2000 relativ stabil geblieben. Ebenfalls stabil ist der Anteil der Protestanten mit 1,8 Prozent. Zugelegt haben die Griechisch-Katholischen – von 7,6 Prozent im Jahr 2000 auf 9,5 Prozent 2019 – und die Römisch-Katholischen von 0,5 auf 1,6 Prozent. Die Griechisch-Katholischen konzentrieren sich vor allem auf den Westen des Landes, wo sie 35,8 Prozent der Gläubigen ausmachen. In den übrigen Regionen dominieren die Orthodoxen, im Süden und Osten des Landes ist auch der Anteil der Gläubigen, die sich zu keiner bestimmten Religion bekennen, mit 22,4 und 19,6 Prozent beachtlich.
Von den orthodoxen Gläubigen bekennen sich 20,3 Prozent zur 2018 gegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zugleich bezeichnen sich nur noch 11,9 Prozent der Orthodoxen als Angehörige der Ukrainischen Orthodoxen Kirche–Kiewer Patriarchat. Der Anteil der Mitglieder der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, die dem Moskauer Patriarchat untersteht, ist seit 2010 von 34,5 Prozent kontinuierlich gesunken, auf 16,3 Prozent 2019, liegt damit aber noch immer höher als im Jahr 2000 (14 Prozent). Gestiegen ist auch der Anteil der Befragten, die sich als „einfach orthodox“ bezeichnen, nämlich auf 46,6 Prozent. Höher lag er mit 54,6 Prozent lediglich im Jahr 2000, danach hatte er sich zwischen 30 und 40 Prozent bewegt. In allen Regionen außer der Westukraine bilden die „einfach Orthodoxen“ die Mehrheit der orthodoxen Gläubigen, im Süden und Osten beträgt ihr Anteil sogar mehr als 50 Prozent. In der Westukraine liegen mit 39,8 Prozent die Anhänger der OKU vor den „einfach Orthodoxen“ mit 26,2 Prozent.
Auf die Frage, ob die Kirche national ausgerichtet sein sollte, antworteten 33 Prozent der Umfrageteilnehmer mit ja, ihr Anteil ist damit in den untersuchten Jahren seit 2000 stabil geblieben. Die Ablehnung einer nationalen Ausrichtig hat von 52,9 Prozent (2000) auf aktuell 37,1 Prozent abgenommen. Dafür ist der Anteil derjenigen gestiegen, die Mühe haben, die Frage zu beantworten.
Obwohl das Vertrauen in die Kirche nur minimal gesunken ist, halten weniger Befragte die Kirche heute für eine moralische Autorität. Im Durchschnitt vertrauen 60,6 Prozent der Ukrainer der Kirche, 2000 waren es 63,1 Prozent. Eine moralische Autorität ist die Kirche aber nur noch für 43,1 Prozent, während es 2010 noch 56,3 Prozent waren. Keine moralische Autorität ist die Kirche für 38,7 Prozent der Befragten, 2010 antworteten nur 26,5 Prozent ablehnend. Trotzdem finden 44,5 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass die Kirche eine „positive Rolle“ spiele. 30,1 Prozent sprachen der Kirche keine „wesentliche Rolle“ zu, während 7,1 Prozent ihre Rolle für negativ befanden. In diesen Fragen zeigte sich jeweils ein teils deutlicher Unterschied zwischen den Regionen. So ist die Haltung zur Kirche in der Westukraine deutlich positiver als im Süden und Osten, während das Zentrum des Landes dazwischen liegt. (NÖK)