Skip to main content

Ukraine: Orthodoxe feiern Taufe der Rus‘ unterschiedlich

12. August 2021

In Kiew hat die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK) am Vorabend des Feiertags der „Taufe der Rus‘“ ihre traditionelle Prozession durchgeführt. Unter der Leitung von Metropolit Onufrij (Berezovskij) von Kiew zogen die Gläubigen nach einem Bittgottesdienst auf dem Vladimir-Hügel durch die ukrainische Hauptstadt zum Kiewer Höhlenkloster. Der Feiertag geht auf eine Überlieferung zurück, wonach sich Fürst Volodymyr/Vladimir im Jahr 988 taufen ließ und daraufhin sein Reich, die Kiewer Rus‘, christianisierte. Deshalb wird der „Täufer der Rus‘“ als apostelgleicher Heiliger verehrt und der 28. Juli wird als Tag der Taufe der Rus‘ gefeiert.

 

Die UOK verkündete, es hätten 350‘000 Gläubige an der Prozession teilgenommen, die Polizei geht hingegen von 55‘000 Teilnehmer*innen aus. Die Teilnehmerzahlen sind jedes Jahr umstritten, doch sowohl laut den Angaben der Polizei als auch der Organisatoren war deren Zahl so hoch wie nie zuvor: 2019 sprach die UOK von 300‘000 Teilnehmern, 2018 von 200‘000, während staatliche Stellen 2019 von 30‘000 und 2018 von 20‘000 Teilnehmern ausgingen. An der UOK-Prozession nahmen auch Vertreter der Orthodoxen Kirchen von Antiochien, Serbien sowie den Tschechischen Länder und der Slowakei teil,; Pilgerinnen und Pilger aus Montenegro, Georgien, Polen und anderen Ländern waren ebenfalls anwesend. Nach dem Abendgottesdienst im Kiewer Höhlenkloster empfing Metropolit Onufrij die Delegationen der Lokalkirchen.

Aufgrund einer drohenden nächsten Corona-Welle entschied die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) Mitte Juli, dieses Jahr auf eine große Prozession zu verzichten. Ihr Leiter, Metropolit Epifanij (Dumenko) von Kiew, wollte den 1033. Jahrestag der Taufe mit einem allukrainischen Gebet begehen, das überall im Land gebetet werden sollte. „Ungeachtet der Distanz“ sollten die Ukrainer gemeinsam für einen „gerechten Frieden in der Ukraine“ beten. Epifanij beging den Feiertag mit einem Gottesdienst in der Kathedrale des Erzengels Michael in Kiew, an dem Vertreter des Ökumenischen Patriarchats, des Patriarchats von Alexandria und der Kirche von Zypern mitwirkten.

Bei den Feierlichkeiten betonte Metropolit Epifanij die Freude der Ukrainer auf den bevorstehenden Besuch des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios. Dieser könnte dazu beitragen, dass mehr orthodoxe Lokalkirchen die 2018 gegründete OKU, der Bartholomaios Anfang 2019 die Autokephalie verliehen hatte, anerkennen würden, wie Epifanij in einem Interview erklärte. Noch wird die dem Moskauer Patriarchat unterstehende UOK von den meisten anderen orthodoxen Lokalkirchen als einzig kanonische orthodoxe Kirche in der Ukraine betrachtet. Epifanij ist überzeugt, dass einige orthodoxe Kirchen sich grundsätzlich für deine Anerkennung der OKU entschieden hätten, aber offiziell noch warteten. Seine Hoffnungen setzt der ukrainische Metropolit auf die Kirchen von Rumänien, Georgien, Bulgarien und Albanien.

Da sich aus der Kiewer Rus‘ nicht nur die Ukraine, sondern auch Belarus und Russland entwickelten, gilt die Taufe der Rus‘ auch in Russland als Feiertag. So erklärte Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, in seiner wöchentlichen Fernsehsendung „Kirche und Welt“, dass er ungeachtet der aktuellen „politischen Turbulenzen“ an eine „gemeinsame, einheitliche Geschichte“ glaube. Die politischen Umstände würden sich ändern, aber die „Verbindung zwischen den drei brüderlichen Völkern – dem russischen, ukrainischen und belarusischen – wird für immer bewahrt“, und diese Verbindung werde von der kirchlichen Einheit gewährleistet. Die Taufe der Rus‘ sei eine Feier der „ganzen, Millionen umfassenden Russischen Orthodoxen Kirche“ (ROK) und ein Feiertag der drei Staaten.

Die Kreuzprozession der UOK habe bewiesen, dass diese noch immer die zahlenstärkste Konfession der Ukraine sei. Außerdem habe sie so ihren Willen zur Einheit mit der ROK demonstriert, ihre ganze Hierarchie, die Geistlichen und Gläubigen seien sich „einig im Wunsch, die Verbindung zur russischen Kirche zu bewahren“, erklärte Metropolit Ilarion weiter. Die UOK „ist unverdienten Angriffen, Unterdrückung und Verfolgungen ausgesetzt“, weil sie die Einheit mit der ROK bewahren wolle. Diese habe „historische Wurzeln und ist von unserem gemeinsamen Glauben und unserer gemeinsamen Geschichte bedingt“, betonte er. Dabei verwies er darauf, dass die UOK selbstverwaltet sei und in ihren administrativen und finanziellen Belangen unabhängig.

Anlässlich des Feiertags betonte der ukrainische Präsident Volodymyr Zelenskyj, dass die Ukraine die Nachfolgerin der Kiewer Rus‘ sei. Die Taufe sei „nicht Teil unserer Geschichte, sondern sie ist unsere Geschichte“, erklärte er. Die Kiewer Rus‘ sei die „Mutter unserer Geschichte“, die Regionen der Ukraine ihre Kinder. „Großneffen und sehr weit entfernte Verwandte“ hätten dieses Erbe nicht anzutasten, betonte der ukrainische Präsident. (mit Material von Kathpress) (NÖK)