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Ukraine: Ukrainische Bischöfe: Moskau versucht Holodomor zu wiederholen

30. November 2023

Die ukrainischen griechisch-katholischen Bischöfe haben den Holodomor vor 90 Jahren in eine Linie mit dem aktuellen Angriff Russlands auf die Ukraine gestellt. Der Holodomor sei eine der größten menschlichen Katastrophen in der gesamten Geschichte der menschlichen Zivilisation, so die ukrainischen Bischöfe in einer offiziellen Erklärung anlässlich des Holodomor-Gedenktags am 25. November, die von Großerzbischof Svjatoslav Schevtschuk gezeichnet ist. Die Bischöfe gedenken darin der unzähligen Opfer und rufen zugleich zur nationalen Einheit der Ukraine, aber auch zur internationalen Solidarität mit ihrem Land auf. 

Stalins Plan habe darauf abgezielt, das ukrainische Volk und seine Identität zu zerstören "und seinen Hoffnungen auf ein freies Leben für immer ein Ende zu setzen". Moskau sei es vor 90 Jahren nicht gelungen, die Ukraine zu zerstören, nun versuche man es erneut. Es gehe um die "Liquidierung des ukrainischen Volkes, die Zerstörung seiner Freiheit und Zukunft". 

Unter Holodomor ("Hungermord") versteht man die Katastrophe der Jahre 1932/33 in der Ukraine, die von den Sowjets absichtlich herbeigeführt wurde, um die wohlhabenden ukrainischen Großbauern ("Kulaken") zu schwächen und zum Eintritt in die Kolchosen und Sowchosen zu zwingen. Nach Schätzungen forderten die Repressionen der Sowjets in der Ukraine bis zu acht Millionen Opfer.  

Vor 90 Jahren habe die Welt dem imperialen Treiben Russlands still und zynisch zugesehen und nichts gegen die Ermordung von Millionen Ukrainern unternommen, so die Bischöfe. Kurz darauf habe die internationale Hilflosigkeit das Großwerden der Nationalsozialisten, eines weiteren finsteren totalitären Regimes, ermöglicht.

Die griechisch-katholischen Bischöfe erinnern in ihrer Erklärung auch an den griechisch-katholischen Metropoliten Andrej Scheptyzkyj, der gemeinsam mit den weiteren damaligen griechisch-katholischen Bischöfen am 24. Juli 1933 einen Hirtenbrief veröffentlichte, in dem er die Weltöffentlichkeit von den Verbrechen in der Ukraine informierte. Der Wiener Erzbischof Kardinal Theodor Innitzer war damals allerdings einer der ganz wenigen Vertreter des Westens, der sich für die Hungeropfer einsetzte. Am 16. Oktober 1933 verurteilte Innitzer zusammen mit den Repräsentanten der Ökumene und vor allem mit der Israelitischen Kultusgemeinde "lautstark und vor der ganzen Welt den Hungermord in der Sowjetukraine und anderen Teilen der UdSSR und leitete einen beschränkte internationale Hilfsaktion ein. 

Wie die ukrainischen Bischöfe in ihrem aktuellen Schreiben festhalten, appelliere man nun nach 90 Jahren wieder an die Weltöffentlichkeit, die Ukraine gegen denselben Feind wie damals zu unterstützen. Diesmal werde dieser Appell aber von fast allen Kirchen in der Ukraine mitgetragen. Es brauche weltweite Solidarität mit dem ukrainischen Volk. Die Bischöfe schreiben von einem "globalen Kampf gegen die russische Aggression". Die Erinnerung an den Holodomor sei dabei ein wesentlicher Bestandteil dieses Kampfes.

In die gleiche Kerbe wie die griechisch-katholischen Bischöfe schlugen dieser Tage auch die römisch-katholischen Bischöfe in der Ukraine. Das freiheitsliebende ukrainische Volk habe sich vor 90 Jahren als Hindernis für die Machtansprüche des bolschewistischen Russlands erwiesen, und heute sei es nicht anders, hielten sie in einer Erklärung fest. Die genaue Zahl der Opfer sei unbekannt, "doch Gott kennt jedes einzelne Opfer mit Namen."  Im Bewusstsein der furchtbaren Verbrechen, die das Leben von Millionen Menschen forderte, seien die Ukrainer - als Kirche und Volk - stärker geworden und verstünden "das Ausmaß des Bösen, dem wir begegnen" noch besser. Der gegenwärtige Krieg um die Unabhängigkeit der Ukraine sei die Fortsetzung des alten Kampfes. Die russischen Behörden nutzen die gleichen Formen der Einschüchterung und Zerstörung der Ukraine. In tiefer Trauer gedenke man der Millionen Toten, zugleich wolle man auch all jener gedenken und ihnen danken, die in diesen schrecklichen Zeiten ihre Menschenwürde nicht verloren und es trotz ihrer eigenen Armut geschafft hätten, "ein Stück Brot mit ihren Nachbarn zu teilen". (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)