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Ukraine: Oberstes Gericht zur Mobilisierung von Gläubigen

25. Juli 2024

In seinem Überblick über die Gerichtspraxis in der Ukraine für Juni 2024 hat das Strafrechtskassationsgericht auch Urteile im Zusammenhang mit der Mobilisierung von Gläubigen begutachtet. In letzter Zeit befassten sich verschiedene Gerichte in der Ukraine mit Fällen von Mobilisierten, die aus religiösen Gründen den Kriegsdienst verweigerten und dafür von den Rekrutierungszentren bestraft wurden. Dabei fielen die Urteile unterschiedlich aus, jedoch meist zuungunsten der Einberufenen.

Das Strafrechtskassationsgericht, das Bestandteil des Obersten Gerichts der Ukraine ist, führte in seinem Überblick aus, dass die „verfassungsmäßige Verpflichtung zur Verteidigung des Vaterlands“ keine direkte Verpflichtung zur Verwendung von Waffen vorsehe, sondern ein „breites Spektrum an Möglichkeiten zur Verteidigung der territorialen Unversehrtheit und Souveränität des Staats“ im Kriegsfall biete. Als Beispiele zählte es die Reparatur von Technik, Bau von Verteidigungsanlagen, Transport von Verwundeten, Gütertransport und weitere Funktionen auf. Das Gericht verwies zwar auf das Recht für alternativen Dienst für Wehrdienstpflichtige, deren religiöse Überzeugungen keinen Militärdienst zulassen und die zu einer religiösen Organisation gehören, deren Lehre die Verwendung von Waffen nicht erlaubt. Aber die Religionsfreiheit sei nicht absolut und könne eingeschränkt werden. Bedingung dazu seien Rechtmäßigkeit, ein legitimes Ziel wie die Interessen der gesellschaftlichen Sicherheit, die Notwendigkeit, die öffentliche Ordnung, Gesundheit oder Moral zu schützen, sowie der Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen, außerdem müsse die Maßnahme proportional und nur so weit gehen, wie zur Erreichung der angegebenen legalen Ziele nötig sei.

Die Aktivistengruppe „Christen gegen den Krieg“ kritisierte die Ausführungen. Der Kommentar bringe in dieser Form nicht nur keine Klarheit, sondern verwirre die Bürger der Ukraine nur noch mehr. Zurzeit läuft auch die Unterschriftensammlung für eine Petition an den ukrainischen Präsidenten, die eine rechtliche Regelung fordert, die es Gläubigen auch im Kriegsfall ermöglicht, alternativen Dienst zu leisten. Sie hat allerdings noch nicht einmal einen Drittel der benötigten Unterschriften erhalten, die Frist dauert aber noch 48 Tage (Stand 27. Juli).

Die theologisch-kanonische Kommission des Hl. Synods der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) hat sich zudem zur Mobilisierung Geistlicher geäußert. Sie kommt zum Schluss, dass ein Geistlicher „auf keinen Fall an Kampfhandlungen teilnehmen, Waffen verwenden und Blut vergießen kann“. Sie begründet das ausführlich mit der Lehre, dass ein Mord die Ausübung des Priesteramts verunmögliche. Als praktischen Aspekt führte sie an, dass ein Geistlicher, der selbst von der Teilnahme an Kampfhandlungen belastet ist, Kriegsrückkehrer nicht angemessen seelsorgerlich betreuen könne. (NÖK)