Norwegen: Kyjiwer Erzbischof bei Osloer Friedensgebet: Ukraine durchlebt Kreuzweg
Einen dringenden Appell an die Internationale Gemeinschaft zur Unterstützung der Ukraine bei einer Beendigung des Krieges hat der Kyjiwer Großerzbischof Svjatoslav Schevtschuk in Oslo aufgerufen. Bei einem interreligiösen Friedensgebet in der norwegischen Hauptstadt verglich er die Situation seines Landes mit einem Kreuzweg: „Heute erträgt unsere Nation ihre Kreuzigung vor den Augen der Welt“, ist einer Aussendung vom 21. Oktober zu entnehmen.
Der massive Verlust von Menschenleben, die Zerstörung ganzer Städte und die Flucht vieler stünden in einer Reihe mit dem Leidensweg Christi, befand Schevtschuk. „Wir bluten und fragen uns erneut: Gott, warum?“ Doch zugleich, betonte er, werde „gerade darin die Kraft und Herrlichkeit des Kreuzes offenbar“. Wer heute auf der richtigen Seite der Geschichte stehen will, „darf nicht wegsehen angesichts des Blutes, des Leids und des Schmerzes der Ukraine“.
Ausdrücklich dankte Schevtschuk den Kirchen und Menschen Norwegens für ihre Solidarität: „Ihr zeigt die Gesinnung Christi – wir sind nicht allein.“ Zugleich warnte er vor wachsender internationaler Ermüdung: „Manche, die nie Bombennächte erlebt haben, sagen, sie seien erschöpft. Ich frage: Wenn ihr müde seid, sollte ich tot sein?“
Der Großerzbischof hält sich derzeit im Rahmen eines offiziellen Norwegen-Besuchs des Allukrainischen Rats der Kirchen und religiösen Organisationen auf, der am 20. Oktober gestartet ist und bis 22. Oktober andauert. Schevtschuk war bereits am 17. Oktober nach Oslo gekommen und danach unter anderem dem katholischen Bischof Fredrik Hansen begegnet. Programmpunkte der ökumenischen Gruppe waren Begegnungen mit König Harald V., Außenminister Espen Barth Eide und Vertretern von Regierung und Parlament sowie auch mit Kirchenführern.
Bei einer Begegnung am 21. Oktober mit dem früheren langjährigen Weltkirchenrats-Generalsekretär Olav Fykse Tveit, nunmehr Vorsitzender Erzbischof der Norwegischen Kirche, appellierte Schevtschuk „an eine Reinigung des Ökumenismus“ von russischen Manipulationen und stellte seine Vision eines „existenziellen Ökumenismus“ vor, der im gemeinsamen Erleben der Bedrohung durch Russland Gestalt annehme. Einigend für eine gemeinschaftliche ökumenische Antwort auf die Kriegsverbrechen in der Ukraine sei, „dass wir alle auf russischen Erschießungslisten stehen“.
Im Gespräch hob Schevtschuk ferner die Notsituation der ukrainischen Gemeinde in Norwegen hervor. Norwegen habe rund 100‘000 ukrainische Geflüchtete aufgenommen, davon hielten sich etwa 80‘000 aktuell im Land auf. Unter ihnen seien viele hoch qualifizierte Frauen mit Kindern. Er dankte der norwegischen Kirche für ihre Gastfreundschaft und forderte: „Integration – ja, Assimilation – nein.“ Ukrainischen Gemeinden sollte Raum für Gottesdienste gegeben und ukrainische Priester – sowohl griechisch-katholischer als auch orthodoxer Herkunft – aufgenommen werden dürfen, ohne dabei ihre Identität aufzugeben müssen. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)