Estland: Streit um geraubte Kirchenschätze
Der Erzbischof der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Urmas Viilma, fordert die Rückgabe von Kunstschätzen, die während der sowjetischen Besatzung aus estnischen Kirchen in Museen gebracht worden waren. In einem Meinungsbeitrag im Portal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ERR betonte Viilma, dass der Staat nicht genug getan habe, um Gerechtigkeit herzustellen. „Es ist an der Zeit, über Vermögenswerte zu sprechen, die während der Besatzung gegen den Willen ihrer Eigentümer in estnische Museen gebracht wurden und die noch immer nicht rechtsstaatlich zurückgegeben wurden.“
Bei Exponaten, die während der Kolonialzeit auf fragwürdige Weise in Museen gelangt seien, bestehe zunehmend die Bereitschaft, sie an ihre früheren Besitzer zurückzugeben. Bei Exponaten wie die während der Sowjetzeit geraubten Objekte aus den Kirchen würden die Museen weiterhin nach einem Vorwand zu suchen, um diese zu behalten, so Viilma – obwohl deren Erwerb ebenfalls ethisch zu hinterfragen sei.
Estnische Museen beherbergen zahlreiche Kunstschätze, die während der sowjetischen Besatzung aus Kirchen dorthin gebracht wurden. Die Republik Estland und die Museen haben nur in wenigen Fällen das Eigentum an die Kirchengemeinden zurückgegeben. Ein aktuelles Beispiel ist die Kirchengemeinde Risti, die sich erfolglos durch verschiedene Gerichtsinstanzen gekämpft hat, um die historische Kreuzigungsgruppe für den Triumphbogen zurückzuerhalten. Jetzt erwägt die Gemeinde den Gang vor ein europäisches Gericht.
Nach Angaben des Erzbischofs hat die Kirche das Thema wiederholt bei Treffen mit Regierung und Museen zur Sprache gebracht, bisher jedoch ohne Erfolg.
„In einigen Fällen ist es offensichtlich, dass sich die antiklerikale Haltung, die während der sowjetischen Besatzung vorherrschte, in Museen in einen Kampf für die Aufrechterhaltung des Status quo verwandelt hat“, so Viilma. Der Erzbischof bedauert, dass es keinen politischen Willen gebe, die Gesetzgebung zu ändern, um das Unrecht aus der Besatzungszeit wiedergutzumachen. Vor dem Gesetz werden Kirchengemeinden anders behandelt als Privatpersonen, welche ihre während der Sowjetzeit verstaatlichten Kunstgegenstände in der Regel zurückerhalten. (Quelle: www.gustav-adolf-werk.de, 9. Januar 2023)