Estland: Papst gibt sich bei Jugendtreffen kritisch
Bei einem ökumenischen Jugendtreffen in Estland hat Papst Franziskus heikle Themen angesprochen und ein institutionelles Versagen der Kirche eingeräumt. In den Augen vieler Jugendlicher hätten Kirchenvertreter ihre Glaubwürdigkeit verloren. Zudem lösten Missbrauchs- und Finanzskandale, die nicht klar verurteilt würden, Empörung aus, sagte Franziskus in der lutherischen Karlskirche in Tallinn.
Kritisch äußerte sich der Papst auch über die Fähigkeit der Kirchen zuzuhören, statt nur zu reden. Diese Schwäche verhindere, dass die Kirche als „bedeutsamer Gesprächspartner wahrgenommen“ werde. Auch in der mangelnden Möglichkeit zur Teilhabe und der fehlenden Authentizität der Seelsorger sieht der Papst einen Grund für die Kirchenferne junger Menschen. Auf diese Fragen wolle die im Oktober im Vatikan tagende Jugendsynode eingehen, betonte der Papst.
In Tallinn traf Franziskus außerdem mit Bedürftigen zusammen, die von Mutter-Teresa-Schwestern und katholischen Sozialeinrichtungen betreut werden. Dabei betonte er, der Glaube müsse Bequemlichkeiten ablegen und auf die Menschen zugehen, denn für jeden sei Platz in der Familie Gottes.
Wie bereits auf seinen vorangehenden Stationen in Litauen und Lettland rief Franziskus in Estland zu Solidarität, Nächstenliebe, Einheit und Brüderlichkeit auf. Er mahnte dazu, sich nicht auf den Errungenschaften seit der erneuten Unabhängigkeit vor 25 Jahren auszuruhen, sondern gegenüber totalitären Tendenzen wachsam zu sein und sich für Freiheit, Versöhnung und die Rechte aller einzusetzen. Demonstrationen nationaler Stärke mit militärischen Drohungen und Truppenaufgeboten verurteilte er klar.
Obwohl die Katholiken in Estland nur eine kleine Minderheit bilden, wurde Franziskus positiv aufgenommen. An der Messe auf dem Freiheitsplatz zum Abschluss seiner Reise nahmen auch zahlreiche Nicht-Katholiken teil. In Estland gehören nur gerade 30 Prozent der Bevölkerung überhaupt einer Religionsgemeinschaft an. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)
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