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Polen: Demonstrationen gegen Gesetzesentwurf zu Abtreibung

05. April 2018
Aus Protest gegen eine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes sind am 23. März 2018 in ganz Polen erneut Zehntausende auf die Straße gegangen. In Warschau zogen die Demonstrantinnen von der Residenz von Erzbischof Kazimierz Nycz von Warschau zum Parlament und schließlich zum Sitz der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Diese befürwortet die Gesetzesänderung und hatte schon während ihrer Zeit in der Opposition Bestrebungen für ein umfassendes Abtreibungsverbot unterstützt.

Obwohl Polen bereits über eines der strengsten Abtreibungsgesetze Europas verfügt, hat sich der Rechtsausschuss des Parlaments am 19. März für den Gesetzesentwurf der Volksinitiative „Stoppt Abtreibung“ ausgesprochen. Dieser sieht vor, dass auch schwer kranke und missgebildete Föten nicht mehr abgetrieben werden dürfen. Dann wäre eine Abtreibung nur noch legal, wenn das Leben der Schwangeren unmittelbar bedroht oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung oder von Inzest ist.

Die Protestierenden werfen den Abtreibungsgegnern vor, die Menschenrechte zu missachten. Unterstützt werden sie von rund 200 Menschenrechts- und Frauenorganisationen, die in einem Appell darauf hinweisen, die Gesetzesverschärfung würde die Gesundheit und das Leben von Frauen gefährden. Zu den Unterzeichnern gehören Anmesty International und Human Rights Watch. Auch eine Gruppe von UN-Experten rief Polen dazu auf, sexuelle und Fortpflanzungsrechte nicht weiter zu beschneiden und nicht gegen seine internationalen Menschenrechtsverpflichtungen zu verstoßen. Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muiznieks, äußerte sich ebenfalls besorgt zur Volksinitiative.

Die katholischen Bischöfe, die wiederholt ein absolutes Abtreibungsverbot befürwortet haben, forderten die Abgeordneten zur raschen Annahme der Gesetzesverschärfung auf. Im November 2017 hatten die Polnische Bischofskonferenz die Bevölkerung dazu aufgerufen, die Initiative zu unterschreiben. Die Föderation der Katholischen Familienverbände in Europa (FAFCE) hat ihre Unterstützung für die Initiative ebenfalls bekräftigt. 2017 hatten rund 800‘000 Polen die Volksinitiative „Stoppt Abtreibung“ unterschrieben. Laut einer Umfrage lehnen sie jedoch 70 Prozent der Polen ab, lediglich elf Prozent sind entschiedene Abtreibungsgegner.

2016 wurde in Polen eine geplante Verschärfung des Abtreibungsgesetzes nach massiven Protesten fallengelassen. Damals waren über 100‘000 Demonstrantinnen auf die Straße gegangen, um gegen eine noch restriktivere Gesetzesänderung zu protestieren. (NÖK; mit Material von KNA)