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Polen: Ordensgemeinschaft wegen sexuellen Missbrauchs zu Entschädigung verurteilt

18. Oktober 2018

Erstmals muss eine polnische Ordensgemeinschaft wegen des sexuellen Missbrauchs eines Mädchens durch einen Priester aus ihren Reihen eine Entschädigung in Rekordhöhe leisten. Ein Berufungsgericht in Posen bestätigte am 2. Oktober ein Urteil, wonach die Gesellschaft Christi für Emigrantenseelsorge dem Opfer eine Entschädigung in Höhe von umgerechnet 233‘000 Euro zahlen muss. Die in Posen ansäßige Ordensgemeinschaft muss der heute 24 Jahre alten Frau außerdem eine lebenslange Rente von knapp 190 Euro pro Monat überweisen. Es ist die höchste Geldstrafe, die bisher im katholisch geprägten Polen gegen eine religiöse Einrichtung verhängt wurde. Die Gesellschaft Christi hatte das Urteil aus erster Instanz angefochten. Sie argumentierte, sie könne nicht wegen der Vergehen eines Mitglieds zur Rechenschaft gezogen werden. Der Priester hatte die damals 13-Jährige mehr als ein Jahr lang sexuell missbraucht. Er wurde 2008 festgenommen, nachdem sich das Mädchen einer Erzieherin anvertraut hatte. Der Geistliche wurde zu vier Jahren Haft verurteilt und Ende 2017 in den Laienstand versetzt sowie aus seiner Ordensgemeinschaft ausgeschlossen.

Bereits zu Beginn des Jahres berichtete die Zeitung Gazeta Wyborcza, dass das polnische Justizministerium in seinen Veröffentlichungen über Sexualstraftäter ausgerechnet die Priester nicht auflisten würde. Der Kinderschutzbeauftragte der Polnischen Bischofskonferenz, Pater Adam Żak widersprach den Vorwürfen: Es gebe ein öffentliches Register mit Wiederholungs-Sexualstraftätern, die rechtskräftig für schwerste sexuelle Verbrechen verurteilt wurden und erneut straffällig geworden sind. Darunter finde sich kein katholischer Priester. Im nicht öffentlichen Register hingegen, das nur für Arbeitgeber einsehbar ist, fänden sich die Namen der straffällig gewordenen pädophilen Priester sehr wohl.

Sexueller Missbrauch sei in der katholischen Kirche Polens kein Tabu-Thema mehr, so Żak: „Aber man kann sagen, dass es in der Kirche – und zwar von Priestern und Laien – immer noch defensiv betrachtet wird. Es gibt einerseits Entschiedenheit im Kampf gegen sexuellen Missbrauch, andererseits aber immer noch einen Hang zur Vertraulichkeit. Wir haben hier in den vergangenen Jahren durch Schulungen und die Ernennung von Missbrauchsbeauftragten in den Bistümern aber schon einige Fortschritte erzielt.“ Zu der polnischen Opferhilfe-Stiftung „Fürchtet Euch nicht“, die die entsprechenden Vorwürfe erhoben hatte, habe die Bischofskonferenz nur schwachen Kontakt, weil der Leiter sehr emotional sei. Die von der Organisation veröffentlichten Zahlen entsprächen der Realität, obwohl sie auch Fälle einbeziehe, deren Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sind.

Die Stiftung „Fürchtet Euch nicht“ veröffentlichte am 7. Oktober ein interaktive Karte mit allen bekannten Fällen und rief Opfer auf, sich zu melden, um die Karte zu komplettieren. Die Stiftung entstand 2013 als Reaktion auf das Buch „Fürchtet euch. Opfer der Pädophilie in der polnischen Kirche sprechen“, das der niederländische Journalist Ekke Overbeek in Warschau in polnischer Sprache veröffentlicht hatte. (mit Material von Kathpress)
Regula Zwahlen

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