Slowakei: EGMR behandelt Klage zu Corona-Restriktionen für Gottesdienste
Nach den teils monatelangen Verboten öffentlicher Gottesdienste in seinem Heimatland Slowakei während der Hochphase der Corona-Pandemie klagt der frühere EU-Kommissar und EU-Sonderbeauftragte für Religionsfreiheit, Ján Figel‘ (63), am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen staatliche Corona-Restriktionen für religiöse Versammlungen. Der Gerichtshof in Straßburg hat die bereits im März 2021 eingebrachte Beschwerde Figel‘s zugelassen und jetzt in einem weiteren Verfahrensschritt der slowakischen Regierung die Klage zugestellt, teilte die in Wien ansässige Menschenrechtsorganisation ADF international mit. Wann in dem Fall eine Entscheidung getroffen wird, ist vorerst nicht absehbar.
Die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verhängten staatlichen Einschränkungen für Kirchen und Religionsgemeinschaften waren in der Slowakei besonders massiv gewesen und führten im Land zu scharfen Kontroversen. So hatten etwa in der ersten Jahreshälfte 2021 viereinhalb Monate lang keine öffentlichen Gottesdienste in den slowakischen Kirchen stattfinden dürfen, vom 1. Januar bis Anfang April 2021 mussten die Gotteshäuser auf staatliche Anordnung hin überhaupt geschlossen bleiben.
Verbote von Gottesdiensten seien ein „ungerechter und unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit“, argumentiert Figel‘ seine EGMR-Beschwerde. „Jeder hat das Recht, seinen Glauben auszuüben. Menschen dies zu verbieten, ist zutiefst illiberal und undemokratisch.“ Dass Gottesdienstverbote eine Verletzung der Religionsfreiheit darstellen, hätten Gerichtsentscheidungen etwa in Deutschland oder Frankreich gezeigt, so der ehemalige EU-Sonderbeauftragte.
Nur in seltenen Fällen und unter strengen Kriterien dürften Staaten die Religionsfreiheit ihrer Bürger einschränken, so Figel‘. Diese seien in diesem Fall nicht erfüllt gewesen, argumentiert er in seiner Klage. In der Beschwerde wird er von ADF international unterstützt. Gottesdienste seien für viele Menschen gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Orientierungspunkt, erklärt Adina Portaru von der Menschenrechtsorganisation. „Ausgewogene Maßnahmen sollten in Übereinstimmung mit der Religionsfreiheit erfolgen“ und "Religionsfreiheit gegen öffentliche Gesundheit auszuspielen, ist falsch", so Portaru.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist beim Europarat angesiedelt. Die Straßburger Richter urteilen über Beschwerden einzelner Personen sowie Personengruppen und Staaten, die sich auf Verletzungen der in der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannten Rechte beziehen. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)