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Tschechien: Steuer auf Kirchenrestitution nimmt weitere Parlamentshürde

20. Dezember 2018

Der Erzbischof von Prag, Dominik Kardinal Duka, hat erneut gegen die Absicht der tschechischen Regierung protestiert, noch ausstehende staatliche Zahlungen an Kirchen und Religionsgemeinschaften zur Entschädigung von im KP-Regime enteignetem Eigentum zu besteuern. Duka äußerte sich anlässlich einer von der Kommunistischen Partei einberufenen Sondersitzung des Abgeordnetenhauses, bei dem das Vorhaben eine weitere parlamentarische Hürde nahm. In scharfen Worten warf er den Befürwortern des Gesetzes, mit dem die 2013 nach langen Verhandlungen zwischen Staat und Religionen in Kraft getretenen Restitutionsregelung nachträglich geändert werden soll, ein „verantwortungsloses“ und „politisch zynisches“ Vorgehen auf dem Rücken der Religionsgemeinschaften vor.

In seiner Wortmeldung, die auch vom Ökumenischen Rat der Kirchen und dem Bund der jüdischen Gemeinden in der Tschechischen Republik mitgetragen wurde, kritisierte der Vorsitzende der Tschechischen Bischofskonferenz es als „ungeheuerlich, dass der Antrag auf Änderung des Gesetzes, das sich um die Wiedergutmachung des historischen Unrechts bemüht“, ausgerechnet von den Kommunisten eingebracht worden sei. Scharf ins Gericht ging Kardinal Duka auch mit jenen Politikern, die eine Besteuerung der Restitutionszahlungen im Parlament unterstützten, obwohl ihnen klar sei, dass dies nicht verfassungskonform sein könnte.

Als Hintergrund deutete Duka das Schielen der Politiker auf Umfragen an, laut denen eine Mehrheit der Tschechen die Restitutionen ablehnt und deren nachträgliche Besteuerung begrüßt. Kippten die Höchstrichter dann später das Gesetz, könnten die Politiker vor ihren Wählern darauf verweisen, dass sie es ja versucht hätten. Sich aber darauf zu verlassen, „dass erst das Verfassungsgericht weiteres Unrecht stoppt“, sei „politisch zynisch, verantwortungslos und vom moralischen Standpunkt aus unannehmbar“, hielt Kardinal Duka in Richtung der politischen Vertreter fest.

Im Windschatten der anhaltenden politischen Diskussionen über Fragen zur Rückgabe des Kirchen und Religionsgemeinschaften geraubten Eigentums, breite sich in Tschechien erneut „ein Reigen öffentlichen Hasses“ gegen diese Institutionen aus, so Duka, die seit Jahren mit tief verankerten Vorurteilen und Stereotypen zu kämpfen hätten. Der Prager Erzbischof verwies u.a. auf jüngste Meinungsumfragen wonach, „Europa heute einer weiteren starken Welle antisemitischer und antichristlicher Ausfälle zusammen mit der Verfolgung gläubiger Bürger ausgesetzt ist.“

Die tschechische Gesellschaft habe sich immer „durch kritisches Denken“ ausgezeichnet und sei „gegenüber vielen Vorurteilen eher zurückhaltend“ eingestellt gewesen, sagte der Kardinal. Der Verlauf der Diskussion über die Kirchenrestitution stehe zu diesen Einstellungen „im diametralen Widerspruch“. Duka rief „alle auf, die weiterhin anständige und gerechte Menschen sein wollen“, den Gesetzesentwurf zur Besteuerung der Entschädigungszahlungen „rasant zurückzuweisen“.

Im Zuge der 2013 in Kraft getretenen Restitutionsgesetze hatten die Kirchen und Religionsgemeinschaften die Rückgabe von rund 100‘000 Immobilien, Grundstücken oder sonstigen Kirchengütern angemeldet, die in kommunistischer Zeit verstaatlicht worden waren. Der tschechische Staat verpflichtete sich, den Kirchen 56 Prozent der einst konfiszierten Gebäude, Wälder und Grundstücke zurückgeben.

Zusätzlich sollen 59 Mia. Kronen (rund 2,3 Mia. Euro) über einen Zeitraum von 30 Jahren an die Kirchen ausgezahlt werden – u .a. für jene Fälle, in denen eine Rückgabe der Grundstücke oder Immobilien nicht mehr möglich ist. Inflationsbereinigt müsste der Staat insgesamt rund 80 Mia. Kronen (rund 3,1 Mia. Euro) an die Kirchen zahlen. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die derzeit üblichen Staatssubventionen für die Kirchen zurückgefahren werden. Bislang bezahlte der Staat unter anderem die Gehälter kirchlicher Würdenträger.

Kommunistische Parteivertreter kritisierten die Zahlungen an die Kirchen schon in den vergangenen Jahren als zu hoch. Ende 2017 kam das Thema im Zuge der Parlamentswahlen und der anschließenden Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung erneut aufs Tapet. Die Kommunistische Partei machte die nachträgliche Besteuerung der Geldleistungen an die Kirchen zu einer zentralen Bedingung für das Tolerieren der Minderheitsregierung der Bewegung Ja – Allianz der unzufriedenen Bürger (ANO) von Ministerpräsident Andrej Babiš und den Sozialdemokraten.

Mit der von den Kommunisten nach dreimaliger Verschiebung erzwungenen zweiten Lesung im Parlament ist der Gesetzesbeschluss entscheidend näher gerückt. Nur mehr das abschließende Votum ist ausständig. Für die Besteuerung stimmten nicht nur die beiden Regierungsparteien und die Kommunisten, sondern auch die fremdenfeindliche Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD) vom Tomio Okamura.

Bei der zweiten Lesung konnten noch Abänderungsanträge gestellt werden. So brachte der Abgeordnete Marek Benda von der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) den Antrag ein, das zu verabschiedende Gesetz solle nicht sofort, sondern erst in zwei Jahren, am 1. Januar 2021, in Kraft treten. In dieser Zeitspanne könne das Verfassungsgericht ein Urteil über die Besteuerung fällen. Auch über diesen Antrag soll bei der letzten Abstimmung im Parlament entschieden werden. (Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at)

Jaroslav Šebek zur neuen Restitutionsdebatte in Tschechien
Der neue tschechische Ministerpräsident hat die abgeschlossen geglaubte Debatte um Restitiutionen an Religionsgemeinschaften in Tschechien neu entfacht. Der Historiker Jaroslav Šebek hält diese aber für rein politisch motiviert und wenig aussichtsreich.