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Ungarn: Papst ruft zu Nächstenliebe und Offenheit auf

04. Mai 2023

Während seiner dreitägigen Reise nach Ungarn hat Papst Franziskus immer wieder zu Nächstenliebe, Solidarität, Gemeinschaft und Offenheit gemahnt. Bei seinem Besuch vom 28. bis am 30. April 2023 traf das Kirchenoberhaupt in Budapest mit Vertretern aus Politik, Gesellschaft, Kirche und Wissenschaft sowie mit Jugendlichen, Bedürftigen und Geflüchteten zusammen. Der Papst besuchte Ungarn zum zweiten Mal, nachdem er sich im September 2021 zum Abschlussgottesdienst des Eucharistischen Weltkongresses zu einem halbtägigen Kurzbesuch in Budapest aufgehalten hatte. Es war das erste Mal, dass er seit dem russischen Angriff im Februar 2022 ein Nachbarland der Ukraine besuchte.

Zu Beginn seiner Reise hielt Papst Franziskus eine Rede vor führenden Vertretern aus Politik, Staat, Diplomatie und Zivilgesellschaft. Dabei stand Europa als friedensstiftende Macht, aber ohne Auflösung der Nationalstaaten im Zentrum. Er erinnerte an die Ziele der EU, Völker zu vereinen und niemanden auszuschließen. Zugleich warnte er vor einer Auflösung nationaler Eigenheiten, Europa dürfe nicht in eine „abstrakte Überstaatlichkeit“ verfallen und sich in eine „zerfließende oder sogar gasförmige Wirklichkeit“ verwandeln. Dies sei der „unheilvolle Weg der ideologischen Kolonisierung“, die Unterschiede auslösche, wie dies „bei der sogenannten Gender-Kultur der Fall ist“. Dabei lobte der Papst auch Ungarns Familienpolitik. Eine indirekte Kritik an der ungarischen Regierung klang aus Franziskus‘ Warnung vor „autoreferentiellen Populismen“ in Europa, die es zu einer „Geisel der Parteien“ machten. Zugleich erinnerte der Papst an die ungarische Verfassung, in der im Geist des Christentums ein „Gebot zur Unterstützung der Hilfsbedürftigen und Armen“ festgehalten sei. Das „Thema der Aufnahme“ von Migranten sorge für viele Debatten und sei „sicherlich komplex“, für Christen gebe es jedoch nur eine Grundhaltung, und das Problem müsse „ohne Ausreden und Verzögerungen“ angegangen werden. Eine explizite Kritik an der restriktiven ungarischen Migrationspolitik äußerte Papst Franziskus jedoch nicht.

Um Barmherzigkeit, Nächstenliebe und Hilfe für Bedürftige ging es bei einem Treffen in der Elisabethenkirche am 29. April. Diese liegt nahe des Bahnhofs Keleti, an dem auch viele Flüchtlinge ankommen. Papst Franziskus würdigte das Engagement der katholischen Kirche in Ungarn bei der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine und rief zu Barmherzigkeit gegenüber „allen, besonders gegenüber denen, die von Armut, Krankheit und Schmerz gezeichnet sind“, auf. An der Veranstaltung nahmen Vertreter von Caritas, Maltesern und Ordensgemeinschaften teil, außerdem eine Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine, Flüchtlinge aus anderen Ländern und Bedürftige aus Ungarn.

In einer Ansprache vor mehr als 1000 katholischen Geistlichen, Ordensleuten und Katecheten in der Stephansbasilika in Budapest warnte der Papst nachdrücklich vor einer „Verweltlichung“ der Kirche. Diese dürfe sich nicht leichtfertig an die veränderte Zeit und Welt anpassen. Gleichzeitig müsse sie die Gegebenheiten akzeptieren und als Chance begreifen. In diesem Sinn appellierte er an die Geistlichen, sich nicht zu verschließen und keine „Kampfhaltung“ einzunehmen. Zudem sprach er sich für eine Erneuerung der Seelsorge auf synodalem Weg aus. Zusätzlich traf Franziskus Vertreter der griechisch-katholischen Kirche in Ungarn.

Bei einem Treffen mit rund 10‘000 Jugendlichen rief Papst Franziskus diese zu einem aktiven Lebensstil auf. Sie sollten nicht „faul und träge“ oder „still und verschüchtert“ sein sowie sich nicht mit ein paar Freunden und einem Handy begnügen. Das Leben sei real, nicht virtuell, in diesem Sinn rief er zum Innehalten und zu Momenten der Stille auf, die nicht vor dem Handy und in den sozialen Medien verbracht würden.

Am Sonntag versammelten sich rund 50‘000 Menschen auf dem Kossuth-Lajos-Platz vor dem Parlament in Budapest und in den umliegenden Straßen zur Sonntagmesse unter freiem Himmel. In seiner Predigt appellierte der Papst zu Offenheit gegenüber „den Fremden, den Anderen, den Migranten und den Armen“, wobei er sich auch an politisch Verantwortliche richtete. Beim anschließenden Mittagsgebet vertraute er Ungarn und ganz Europa dem Schutz der Muttergottes an und bat insbesondere um Frieden. Er bat sie, auf die Völker zu schauen, „die am meisten leiden“, insbesondere „auf das gepeinigte ukrainische Nachbarvolk und auf das russische Volk“, die er ihr beide geweiht hatte. (mit Material von Kathpress) (NÖK)